Stiftungen
6. April 2015

Klasse statt Masse

Die Deutschen gründen Stiftungen, was das Zeug hält. Seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts praktisch verdoppelt. Wegen hohen Kostendrucks gehen immer mehr Stiftungen heute aber dazu über, ihre Gelder zu bündeln. Stiftungsgründer wiederum denken über Verbrauchsstiftungen nach.

Die deutsche Stiftungslandschaft ist in jeder Hinsicht populär. Sie verdient Attribute wie „weltoffen“, „uneigennützig“ und „viel­fältig“. Doch nur wenige Stiftungen in der Bundesrepublik verfügen über ­üppige Vermögenswerte, geschweige denn hausintern über das Know-how in der Vermögensverwaltung. Die vielen spendablen ­Initiatoren und mancher ­ehrenamtlich tätige Stiftungsvorstand richten ihr ­Augenmerk auf den Stiftungszweck, weniger auf die Geld­anlage. Da hilft es wenig, zu betonen, dass in der Gegenwart von auskömm­lichen Erträgen keine Rede sein kann – wenn man es nicht gerade mit einer der sogenannten Unternehmensträgerstiftungen zu tun hat, die dank ­üppiger Dividendenzahlungen florieren. Das ­Problem: Wenn die Vorreiter unter den deutschen Großstiftungen, wie die Bundes­stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ aus der Not ­heraus den in ihrer Satzung verankerten ­realen Substanz­erhalt eine ­Zeitlang hint­anstellen, dann lässt das aufhorchen. Die kleinen Stiftungen allerdings – sie sind nichts anderes als in ihrer Existenz bedroht. Für sie müssen Lösungen gefunden werden, wie sie die aktuelle, man muss es so drastisch sagen, Niedrigzinskrise überstehen.

Rechtlich gesehen besteht das oberste Ziel der Vermögens­anlage für deutsche Stiftungen in der Erhaltung des Stiftungs­kapitals. ­Daraus leitet sich die primäre Zielvorgabe für das Vermögens­management ab. Anlageentscheidungen müssen so getroffen ­werden, dass die ­Substanz des Stiftungskapitals zu keiner Zeit gefährdet ist. Jens Güldner, ­Leiter Vermögensmanagement beim traditions­reichen ­Evangelischen ­Johannesstift in Berlin, hat dazu eine ganz klare ­Meinung: „Die Zweckverwirklichung steht im Fokus der ­Stiftung. Sie wird oft als wichtigster Baustein der Stiftungstätigkeit gesehen und wahr­genommen. Aber ohne das Vermögensmanagement und seine möglichst positiven Ergebnisse kann die Seite der Zweckverwirk­lichung nicht glänzen, ist die Arbeit sogar gefährdet.“

Das Vermögensmanagement stellt seiner Ansicht nach einen wichtigen Baustein für die Stiftungsarbeit dar. Es bietet bei entsprechend professioneller Arbeitsweise auch die wichtige, stabile ­Basis der Stiftung, um „die Substanzstärke und Leistungsfähigkeit der ­Stiftung über Generationen hinweg zu gewährleisten“, wie er es ­formuliert. ­Danach befragt, wie kleinere Stiftungen mit der heutigen Kapitalmarktsituation umgehen sollten, entgegnet Güldner: „Kleinere ­Stiftungen sollten, sofern eine Vertrauens- und Arbeitsbasis ­geschaffen worden ist, Kapitalanlagen bündeln. Entweder sie schließen sich großen Stiftungen an, die die Möglichkeiten diesbezüglich geschaffen haben, oder sie bündeln ihre Aktivitäten im Vermögensmanagement mit der ­Auflage eines gemeinsamen Mandates. Hierbei wäre es gut, wenn die Stiftung, die über das beste Finanzwissen verfügt, die Lead-Funktion in diesem Prozess ausübt.“ Zur Begründung für ein solches Konzept verweist der Stiftungsexperte auf die Vorteile, die Stiftungen mit großen Budgets genießen: „Je größer eine ­Stiftung vom Kapitalstock und ihrem Budget her ausgestattet ist, umso mehr hat sie die Chance und Möglichkeit, sich dem strategischen Thema ‚Finanzkompetenz‘ zu widmen und an dieser Stelle eine eigene Planstelle zu schaffen.“

Ebenso wie Jens Güldner hat auch Prof. Dr. Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen, Ideen, wie Stiftungen ihre Kapitalanlagen bündeln können. Gegenüber port­folio institutionell verweist er auf den „Pilotfonds Bildung“, der ­unter dem Dach des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen und unter ­Federführung der Eberhard-von-Kuenheim-Stiftung entstanden ist. „Zusätzlicher Anreiz bei diesem Fonds ist die Tatsache, dass Investments ausgesucht werden, die eine nachweislich positive Wirkung im ­Bildungsbereich bringen werden“, sagt Fleisch. Auf die Frage, wie sich die vielen kleinen Stiftungen in der Bundesrepublik von den ­großen unterstützen lassen könnten, verweist der Generalsekretär auf die Vernetzungsangebote des Verbandes, vom Arbeitskreis Stiftungsmanagement über das sogenannte Forum Stiftungsvermögen bis hin zum Deutschen Stiftungstag. In diesem Jahr findet Europas größter Stiftungskongress vom 6. bis 8. Mai in Karlsruhe statt: auch eine ­Gelegenheit zum kollegialen Austausch und zum Wissenstransfer.

Stiften ja – aber wie?
Wer eine Stiftung gründen und damit „auf Dauer“ etwas Gutes tun möchte, kann mit vergleichsweise wenig Geld loslegen. Das ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits wird der Stiftungssektor ­dadurch ­gefördert. Auf der anderen Seite werden Idealisten ermuntert, eine ­eigene Stiftung zu gründen, auch wenn das in gewissen ­monetären Sphären heute nicht mehr als der ideale Weg erscheint. Als absoluter Mindestbetrag wird in der Bundesrepublik ein Kapital von 50.000 ­Euro angenommen. Damit wäre die Stiftung also gegründet. Doch kann sie damit auch ernsthaft etwas leisten? Die Deutschen stiften jedenfalls, was das Zeug hält. Ungeachtet der kaum noch greifbaren Anlagezinsen. Wie der Bundesverband Deutscher Stiftungen in Berlin im Februar mitteilte, wurden im vergangenen Jahr deutschlandweit 691 Stiftungen gegründet. Das waren 53 mehr als 2013. ­Inzwischen zählt der größte Stifterverband in Europa insgesamt 20.784 rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts in der Bundesrepublik. Damit hat sich die Zahl seit Ende 2001 von damals 10.503 Stiftungen fast verdoppelt. Die größte Neugründung des vergangenen Jahres ist die ­gemeinnützige Dr.-Rolf-M.-Schwiete-Stiftung in Mannheim. Sie wurde im Mai 2014 mit einem Vermögen von über 200 Millionen ­Euro anerkannt. Damit sollte sich etwas anfangen lassen.

Eine fördernde Stiftung sollte nach Meinung von Jens Güldner ein Stiftungsvolumen von mindestens einer Million Euro besitzen, wie er im Interview mit portfolio institutionell sagt. Besser seien aber fünf Millionen Euro. Eine operativ tätige Stiftung, die anders als eine ­reine Förderstiftung auch eigene Projekte ins Leben ruft und entsprechend einen größeren Aufwand hat, sollte mindestens fünf, aber besser zehn Millionen Euro besitzen. Nur so lasse sich „einigermaßen wirtschaftlich vertretbar“, mit eigenem Personalbestand arbeiten, so Güldner. Und nur so lasse sich die Zweckverwirklichung noch sichtbar und mit entsprechendem Social Impact umsetzen. „Geht man von einer ­Verzinsung nach Kosten der Vermögensverwaltung in Form ordent­licher Nettoerträge von 2,5 Prozent aus und einer entsprechenden Ausschüttung, stünden bei einem Vermögen von einer Million ­Euro Stiftungsmittel von 25.000 Euro zur Verfügung.“ ­Davon müssten dann aber die Verwaltungskosten der Stiftung abgezogen ­werden. Bei ­einer Kostenquote von 25 Prozent blieben für die ­Förderung 18.750 Euro übrig, rechnet Güldner vor.

Doch nicht jede Stiftung ist partout auf Erträge aus der Kapital­anlage angewiesen. Wer im Fundraising so gut aufgestellt ist wie ­beispielsweise die SOS Kinderdörfer, die Spender zunehmend auch online zum Geldgeben motivieren, der kann seinem Stiftungszweck ohne Einschränkungen frönen. Hans Fleisch vom Bundesverband Deutscher Stiftungen empfiehlt Stiftungsgründern daher ­Folgendes: „Bei Stiftungen, die auf Zuwachs durch Fundraising ­angewiesen sind, würde ich nicht zur Namensstiftung raten.“ Es fänden sich einfach leichter Unterstützer, wenn die Stiftung beispielsweise „Brandenburger Land“ heißt statt „Hans-Fleisch-Stiftung“, sagt er mit einem ­Augenzwinkern. Menschen, die ihre gute Tat mit ihrem ­Namen verbinden wollen, rät er zum Namensfonds oder zur Treuhand­stiftung unter „einem passenden Dach“. Der Namensfonds wie auch die ­Treuhandstiftung bieten seiner Einschätzung nach die Chance, die Stiftung mit einem persönlichen Andenken zu verbinden und für ­einen spezifischen Arbeitsbereich innerhalb der bestehenden ­Stiftung vorzusehen.

Zusammen geht mehr

In der Bundesrepublik haben sich zahlreiche Stiftungszentren ­etabliert. Eines ist beispielsweise beim Evangelischen Johannesstift ­angesiedelt. Die Zentren sind eine Anlaufstelle für all jene, die eine Stiftung ins Leben rufen möchten und Beratung suchen. Die kann man sich zwar auch beim ortsansässigen Fachanwalt verschaffen, gleichwohl bieten Stiftungszentren ein umfangreiches Dienstleistungs­spektrum an. Hans Fleisch weist allerdings ­darauf hin, dass der ­Begriff der „­Stiftungszentren“ nur ein Oberbegriff ­einer sehr ­heterogenen ­Masse von Stiftungsdienstleistern aus dem ­kommerziellen, kirchlichen oder gemeinnützigen Bereich darstellt. Jeder dieser Sektoren biete spezi­fische Vorteile und damit wiederum ­Anreizpunkte für spezielle ­Stiftergruppen.

Die Hauptaufgabe von Stiftungszentren besteht nach Einschätzung von Jens Güldner darin, Stiftungen umfassend zu managen. Sie ­könnten potenziellen Stiftern Hilfe bei der Errichtung ­einer Stiftung bieten. „Die strukturelle Aufstellung eines Stiftungs­zentrums entscheidet darüber, inwieweit weitere externe ­juristische ­Kompetenz bei der Beratung der potenziellen Stifter mit eingebunden werden ­sollte und muss.“ Stiftungszentren könnten auch einen Impuls liefern, indem sie Stifter zusammenbringen und umfassender miteinander kommunizieren lassen, weiß Güldner. „Sie geben ­damit Impulse, die Fördertätigkeit gegebenenfalls zu bündeln und ­damit zielgerichteter lenken zu können. Gleiches gilt für das Ver­mögensmanagement von Stiftungen.“ Hier sei noch viel Entwicklungspotenzial vorhanden, ist er überzeugt.

Pooling als Mittel zum Zweck
Die Zweckverwirklichung steht im Zentrum der Stiftungs­arbeit. Gleichzeitig muss die Kapitalanlage professionell aufgesetzt sein. Sollten die vielen kleinen Stiftungen ihre Kapitalanlagen bündeln? Die Frage beantwortet Peter Anders, Geschäftsführer im Deutschen Stiftungszentrum (DSZ), so: „Das Pooling von Stiftungsgeldern hat in der jüngsten Vergangenheit an Bedeutung gewonnen. 2014 ­wurden ­zahlreiche Veranstaltungen für Stiftungen ausgerichtet, die sich im Kern damit beschäftigt haben. Wir möchten gerade den kleineren und mittleren Stiftungen unsere Hilfe anbieten. In der Satzung des ­Stifterverbandes wird ausdrücklich die Förderung des Stiftungs­wesens ­betont.“ Das DSZ verfolgt keine Gewinnerzielungsabsicht, will aber kostendeckend arbeiten.

Peter Anders verantwortet im Deutschen Stiftungszentrum die ­Bereiche EDV, Rechnungswesen und Vermögensmanagement. Er ist zugleich Mitglied in der Geschäftsleitung des Stifterverbandes. Im Gespräch mit portfolio institutionell wirft er einen Blick zurück in die Vergangenheit. „In den vergangenen 50 Jahren sind die meist ehrenamtlich geführten kleineren Stiftungen zu ihrem Bank­berater gegangen, der hat ihnen ein festverzinsliches Wertpapier mit einer vier oder fünf vor dem Komma angeboten. Das Geld ­wurde dann für ­mehrere Jahre angelegt, und die Stiftung hatte ihr Auskommen.“ ­Heute, in ­einer Zeit, in der zehnjährige Bundesanleihen kein ­halbes Prozent ­Rendite mehr abwerfen, müsse man umdenken. Seinen ­Beobachtungen ­zufolge herrscht bei vielen Stiftungsgremien aber auch weiterhin die Erwartungshaltung, dass Jahr für Jahr ein laufender Ertrag von drei oder vier Prozent erzielt werden soll. Demnach scheint die veränderte, um nicht zu sagen beunruhigende Kapitalmarktsituation bei vielen Stiftungsverantwortlichen noch nicht recht angekommen zu sein.

Kleine Stiftungen, denen es bislang an einer professionellen ­Diversifikation der Kapitalanlage mangelte, legt Peter Anders ­Stiftungsfonds ans Herz. Diese werden in den unterschiedlichsten Ausgestaltungen angeboten. Darüber hinaus bringt er Bürger­stiftungen ins Gespräch. Auch hier tun sich viele Menschen zusammen und fördern Stiftungszwecke im regionalen Bereich. „Das sind die einfachsten Wege“, sagt Anders. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass der Stifterverband durch seine Tochter „Deutsches Stiftungs­zentrum“ zahlreiche Serviceleistungen anbietet, mit denen sich die Vermögensanlage von Stiftungen bündeln lässt. „Unsere Aufgabe unter­scheidet sich von denen der Banken dadurch, dass wir Stiftungen die gesamte Palette möglicher Dienstleistungen anbieten.“ ­Dazu zählen die ­Stiftungsgründung, das Rechnungswesen, die Vermögensanlage und auch die „Verausgabung der Mittel“, sprich: die ­Betreibung des Stiftungszwecks.

Einer für alle – aber nicht für jeden
Stiftungsfonds gehören auch nach Einschätzung ­Güldners ins Portfolio kleinerer Stiftungen. „Aber wie das so ist, trennt sich schnell die Spreu vom Weizen beim genauen Betrachten und ­tieferen ­Eindringen in die Strategie und die Kosten des Publikumsfonds.“ Ein ­Stiftungsfonds als Publikumsfonds könne eine Anlage­möglichkeit darstellen, er sollte jedoch der gleichen kritischen Prüfung ­unterzogen werden wie andere Fonds auch. Dann lässt sich auch ­eine Aussage treffen, ob Fonds, die den Zusatz „Stiftungsfonds“ tragen, tat­sächlich die bessere Anlagealternative für die speziellen Bedürf­nisse einer ­Stiftung bieten.

Hierzulande gibt es laut Güldner sehr wenige Stiftungsfonds, die als „Spezialfonds“ strukturiert sind. In dem Zusammenhang ­wurden zumeist von größeren Stiftungen Investmentfonds mit auf die ­Stiftung zugeschnittenen Strategien aufgelegt. Sie eröffnen ­anderen ­Stiftungen damit die Möglichkeit, sich ab einer Mindest­investitionssumme von 200.000 Euro an dem Fonds zu beteiligen. Interessant: Hier entscheidet die den Fonds auflegende Stiftung über Zugangsmöglichkeiten zum Fonds sowie die Kostengestaltung.

In der Stiftungslandschaft gehen die Meinungen übrigens weit auseinander, ob es heute noch sinnvoll ist, eine Stiftung mit ­weniger  als 200.000 Euro zu gründen. Schließlich könnte man argumentieren, dass sich eine solche Einrichtung nicht tragen kann. Das ­Motto ­könnte also lauten „Klasse statt Masse“. Peter Anders hat da eine ganz eigene Meinung: „Ich bin der Überzeugung, dass jeder Euro, der dem guten Zweck zugute kommt, zählt. Wenn Personen und ­Stifter ehren­amtlich tätig sind und den Ertrag aus ihren Kapital­anlagen der ­Gemeinnützigkeit zur Verfügung stellen, dann ist das meines ­Erachtens sehr sinnvoll. Egal in welcher Größenordnung.“

Dass diese Einstellung im Alltag an ihre Grenzen stößt, weiß auch er. Anders berichtet, dass jede der inzwischen mehr als 600 im DSZ versammelten Stiftungen Jahr für Jahr vom Wirtschaftsprüfer untersucht wird. Wenn eine Stiftung mit 100.000 Euro ausschließlich in Festverzinsliche investiert und dadurch per annum ein ­Prozent ­Rendite erzielt, muss man sich fragen, wie man davon Dienstleister bezahlen und auch noch Geld für den Stiftungszweck bereitstellen will. Wie Peter Anders berichtet, bündelt er im DSZ das Kapital und orientiert sich dabei auch an den Wünschen und Restriktionen ­seiner Kunden. „Wir haben viele Anlagetöpfe“, sagt er und begründet das mit den landesrechtlichen Stiftungsvorgaben und den ­individuellen Zielen der Stiftungen: „Diese Ziele versuchen wir durch eine ­breite Diversifikation in der Vermögensanlage zu gewährleisten, ­indem wir beispielsweise Aktien, Renten und Immobilien in unserem Depot ­haben.“

Weil es aber durchaus immer wieder Stiftungen gibt, die ­beispielsweise Aktien per se oder Emittenten aus bestimmten ­Regionen aus dem Katalog möglicher Investitionen aus­geschlossen haben, ­unterhält das DSZ verschiedene Anlagetöpfe, an denen sich die ­Stiftungen nach Gusto beteiligen können. Und Peter Anders geht noch einen Schritt weiter: „Wir unterhalten bei uns zum Beispiel auch einen sogenannten Förderfonds. Darin bündeln wir nicht nur die ­Gelder kleinerer Stiftungen, sondern auch den Förderzweck.“ So ­können mehrere ­kleine Stiftungen gemeinsam einen Förderzweck unterstützen.

Große Stiftungen verfügen häufig über Know-how in der Kapital­anlage, das kleine Stiftungen extern einkaufen müssen, beispiels­weise indem sie Anteile an einem Stiftungsfonds erwerben. Doch gibt es vielleicht auch die Möglichkeit, dass kleine Stiftungen bei den ­großen andocken können? Laut Jens Güldner ist diese Frage alles ­andere als trivial, da unterschiedliche Gebiete betrachtet werden ­müssen, um ­eine eindeutige Entscheidung fällen zu können. „Was die ausschließliche Verwaltung von Kapital betrifft, hat der Gesetz­geber vieles zu ­Papier gebracht. Die verstärkte Gesetzgebung und entsprechenden Regulierungsmaßnahmen der letzten Jahre haben hier zu vielfältigen Regelungen und deren Kontrolle geführt.“

Eine ­Stiftung als Kapitalsammel- und -managementstelle für ­andere Stiftungen stelle sich hier nicht ganz problemfrei dar, sagt Güldner. Es sei in der ­Diskussion im Rahmen der Weiterentwicklung des ­Investmentgesetzes/Investmentrechts, ob Stiftungen, die Gelder für andere Stiftungen managen, eine entsprechende Genehmigung der Finanzaufsicht Bafin benötigen, mit den dann notwendigen umfassenden Auf­lagen und Pflichten. Noch sei das nicht der Fall. Die Frage, die der Gesetzgeber zu klären hat, ist die der Definition des ­Managements von gepoolten Stiftungsgeldern, in ­welcher Form es mit oder ­ohne ­Genehmigung ­zulässig ist, ob das Management auf den eigenen ­Depots ent­sprechend reguliert wird oder ob auch von ­einer Kapital­verwaltungsgesellschaft nach Vorgaben der ­Lead-­Stiftung gemanagte (Spezial-)Fondslösungen darunterfallen könnten, ­erläutert der Experte. Nach aktueller Rechtslage ­können sich kleinere Stiftungen an (­Spezial-)Fondslösungen von großen ­Stiftungen beteiligen, wenn sie mindestens als semi-professioneller Anleger eingestuft sind, weiß Güldner. Das ­erfordere ein Mindestinvestment von 200.000 ­Euro und einen ­nachgewiesenen Finanzkenntnisstand. Bei einem Investmentvolumen darunter blieben dann oftmals nur ­Standardprodukte am Markt als Investmentmöglichkeit, erklärt Jens Güldner gegenüber portfolio institutionell.

Auch der ­Zusammenschluss von Stiftungen ist heute ein ­Thema. So könnten ­kleinere Einrichtungen die Niedrigzinsphase besser über­stehen und ­effizienter arbeiten. Dazu Güldner: „Das Thema ­Zusammenschluss von Stiftungen kann und muss ein Thema sein, um die Stiftungs­aktivitäten dauerhaft sinnvoll und noch wirtschaftlich vertretbar ­ausüben zu können. Mir ist aber noch kein Fall ­bekannt, und ich kann nicht abschließend abschätzen, wie die Stiftungs­aufsicht mit ­diesem Thema umgeht.“

Verbrauchsstiftungen gewinnen an Bedeutung

Wer sein Geld nicht in fremde Stiftungshände geben und von ­vermeintlich risikoreicheren Anlagen wie Aktien oder Immo­bilien die Finger lassen möchte, der ist womöglich mit der Gründung ­einer ­Verbrauchsstiftung gut beraten. Hier wird das Vermögen nicht „für die Ewigkeit“ verwaltet und der Stiftungszweck nicht nur aus den ­Erträgen oder Spenden bestritten, sondern das Vermögen wird ­sukzessive ­ausgegeben – bis die Stiftung planmäßig nach beispiels­weise zehn Jahren erlischt. Beim Deutschen Stiftungszentrum in ­Essen beobachtet man heute die Tendenz, dass sich Stiftungs­willige immer häufiger für eine Verbrauchsstiftung entscheiden.

Wer ­allerdings den Gedanken in sich trägt, eine bereits ­bestehende selbstständige Stiftung in eine Verbrauchsstiftung um­zuwandeln, dem sei gesagt, dass das nahezu unmöglich ist. Das sagen ­Juristen. ­Eine ­Zustiftung ­wiederum ist nach Meinung von Hans Fleisch für die­jenigen ­geeignet, die sich mit der Arbeit einer bestehenden ­Stiftung stark identifizieren. Ein Geldgeber könnte auf diese ­Weise sein ­Vermögen dem ­Kapitalstock einer bestehenden Einrichtung ­zuführen: Klasse statt Masse ­sozusagen. Wichtig ist in dem ­Zusammenhang, dass der persönliche Stifterwille dort bereits im Wesent­lichen in der gewünschten Art und Weise umgesetzt wird. Falls ja, dann ist zumindest schon mal der Stifterwille bei allen Beteiligten im Lot. Jetzt fehlt nur noch die Rendite, damit die Stiftungslandschaft prosperiert.

Von Tobias Bürger

portfolio institutionell, Ausgabe 3/2015

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