Versicherungen
2. Februar 2015

Rechnungszins in der Lebensversicherung soll vorerst stabil bleiben

Die Deutsche Aktuarvereinigung hat empfohlen, den Satz nicht weiter zu senken. Mit der Einführung des neuen europäischen Aufsichtssystems Solvency II im Jahr 2016 erfährt der Höchstrechnungszins eine ganz neue Bedeutung.

Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) hat empfohlen, den sogenannten Höchstrechnungszins nicht weiter zu senken. Vor dem Hintergrund des Inkrafttretens von Solvency II zum 1. Januar 2016 empfiehlt die DAV trotz weiter gesunkener Zinsen für europäische Staatsanleihen, den Rechnungszins in der Lebens­versicherung für das Jahr 2016 bei 1,25 Prozent zu belassen. Er war erst zum 1. Januar 2015 um 50 Basispunkte gesenkt worden.
Trotz weiter fallender Zinsen für die europäischen Staatsanleihen hätten die langfristigen Zinsszenarien der Aktuare gezeigt, dass es derzeit nicht notwendig ist, den Höchstrechnungszins weiter zu senken, so der DAV. Vor dem Hintergrund, dass kurzfristig auch nicht mit einer Zinswende zum Positiven zu rechnen sei, empfehlen die Versicherungsmathematiker, keine Veränderung am Höchstrechnungszins im kommenden Jahr vorzunehmen. Über die endgültige Höhe des Rechnungszinses entscheidet aber das Bundesfinanzministerium.
„Nach unseren Modellen ist eine Obergrenze von 1,25 Prozent auch im kommenden Jahre weiterhin darstellbar“, so Wilhelm Schneemeier, stellvertretender DAV-Vorsitzender, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. „Der Höchstrechnungszins stellt laut Gesetz eine Obergrenze dar“, betont Rainer Fürhaupter, Vorstandsvorsitzender der DAV. Jedes Unternehmen werde für seine Produkte unter Solvency II prüfen, ob es diese Obergrenze ausschöpfen kann. Mit der Einführung des neuen europäischen Aufsichtssystems Solvency II im Jahr 2016 erfährt der Höchstrechnungszins eine ganz neue Bedeutung. Ab dann dürfen nur noch Unternehmen mit ausreichendem Eigenkapital den Höchstrech­nungszins ausreizen. 
Hintergrundinformationen und Interview zum Thema Rechnungszins
Die DAV richtete im Jahr 1996 die Arbeitsgruppe „Rechnungszins“ ein. Sie erhielt den Auftrag, Methoden und Verfahren zu entwickeln, auf deren Basis eine begründete Empfehlung zur Angemessenheit des Höchstrechnungszinses getroffen werden kann. Die Arbeitsgruppe schlug einen methodischen Ansatz zur Beurteilung des Höchstrechnungszinses vor, der auf der Analyse eines Spektrums von Szenarien zur Kapitalmarktentwicklung beruht. Zugleich wurde vorgeschlagen, alljährlich durch ein Expertengremium einen Zinsbericht zu erstellen, der eine Empfehlung zur Festsetzung eines angemessenen Höchstrechnungszinses abgibt. 
Den Szenarien liegt zunächst die von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Rendite europäischer AAA-gerateter Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit zugrunde, von denen die Durchschnittsrendite der vergangenen zehn Jahre berechnet wird. Unter Annahme verschiedener Zinsentwicklungen werden diese Durchschnittsrenditen in die Zukunft projiziert. Zur finalen Bestimmung des Höchstrechnungszinses wird der berechnete Mittelwert gemäß ­Paragraf 65 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes mit 0,6 multipliziert. 
Die abschließende Entscheidung über den Höchstrechnungszins obliegt dem Bundesministerium für Finanzen durch eine Änderung der Deckungsrückstellungsverordnung (DeckRV). Neben der DAV erarbeitet auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ein eigenes Gutachten. 
Umgangssprachlich wird der Höchstrechnungszins oft mit dem Garantiezins gleichgesetzt. Dabei handelt es sich hierbei um verschiedene Werte. Unter dem Begriff Garantiezins verstehen Experten den Wert, den Versicherungen ihren Kunden bei der Beitrags- und Leistungsberechnung mindestens zusichern. Zur langfristigen Erfüllung dieser Garantien schreibt das Handels­gesetz­buch (HGB) vor, dass Unternehmen entsprechende Rückstellungen in ihrer Bilanz zu bilden haben. Diese Rückstellungen werden mit dem sogenannten Reservierungszins ermittelt, der laut gesetzlichen Vorgaben den vom Bundesfinanzministerium letztendlich festgelegten Höchstrechnungszins nicht überschreiten darf. In der Vergangenheit waren Reservierungs- und Garantiezins in der Regel gleich hoch. Mit diesem Link gelangen Sie zu einem Interview mit DAV-Vorstandsmitglied Dr. Michael Renz zum Höchstrechnungszins. portfolio institutionell newsflash 02.02.2015/Tobias Bürger

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