Versicherungen
6. Oktober 2014

Lebensversicherer im Würgegriff der Regulierung

Der 9. Nordbayerische Versicherungstag setzte sich unter anderem mit den Herausforderungen an die Lebensversicherung angesichts des forcierten Regulierungsdrucks auseinander. Der Branche steht das Wasser bis zum Hals.

„Ich vermag kein Marktversagen der Versicherungswirtschaft zu erkennen, das ein solches Ausmaß an Regulierung rechtfertigen würde, dem die Assekuranz derzeit ausgesetzt ist“, sagte Dr. Armin Zitzmann, Vorsitzender des Vorstands der Nürnberger Versicherungsgruppe, zur Eröffnung des 9. Nordbayerischen Versicherungstags am 30. September in Nürnberg.
Die Zukunft der Lebensversicherung war, neben den Konsequenzen der Regulierung für den Vertrieb, eines der beiden Themen dieser vom „Forum V“ und dem Berufsbildungswerk Nordbayern-Thüringen organisierten Veranstaltung, eines Netzwerkes aus Versicherern, Wissenschafts- und Berufsbildungseinrichtungen im nordbayerischen Raum. Nach Zitzmanns Aussage widmen Versicherungsvorstände derzeit rund 90 Prozent ihrer Zeit der Umsetzung von Regulierungsanforderungen wie Solvency II, IMD-2, Lebensversicherungs-Reformgesetz (LVRG), GDV-Vertriebskodex, Code of Conduct, Compliance und ähnlichem.
Dabei ist die Regulierung nur eine der Baustellen der Lebensversicherung. Die Niedrigzinssituation setzt ihr weiter zu. „Wir müssen die Lebensversicherung neu erfinden“, forderte deshalb Dr. Johannes Lörper, Mitglied der Vorstände von DKV, Ergo Leben und Victoria Leben. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld sei der Kundenwunsch nach einer hohen Rendite mit klassischen Altersvorsorgeprodukten kaum mehr umsetzbar. Lörper verwies auf alternative Garantieformen à la „Ergo Rente Garantie“. Die Frage, warum alternative Produkte mit eingeschränkten Garantien bisher am Markt die Ausnahme sind – außer Ergo hat bisher nur die Allianz ein solches entwickelt – wurde auf dem Nordbayerischen Versicherungstag nicht beantwortet, lässt sich jedoch erahnen: Die meisten Unternehmen können Produktneuentwicklungen derzeit kaum stemmen, weil die IT-Systeme wegen der Neuregelungen zum 1. Januar 2015 bis zum Anschlag ausgelastet sind.
Noch einen drauf setzte Dr. Werner Kerkloh vom Bundesministerium der Finanzen in seinem schriftlichen Statement für den Nordbayerischen Versicherungstag. Die Diskussionen um das LVRG hätten gezeigt, „dass es der Branche nicht gelingt, die Funktionsweise ihres Produkts Lebensversicherung einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln".
Einerseits handele es sich bei der Lebensversicherung um ein kollektives Sparprodukt. Die Versicherer seien lediglich Treuhänder des Vermögens der Versicherten. Andererseits hätten die Versicherer im Vertrieb den Kunden den Eindruck vermittelt, es handele sich um ein individuelles Sparprodukt, bei dem die Erlösmaximierung des Einzelnen im Vordergrund stehe. Diese Fehlinformation führe zu Schwierigkeiten, die Neuregelung der Beteiligung an den Bewertungsreserven zu begreifen sowie zu Problemen in der Diskussion um die Anlagevorschriften. Leitmotiv müsse aber der Schutz des Vermögens der Versicherungsnehmer sein, schrieb Kerkloh den Versicherern ins Stammbuch.
Mit dem LVRG habe der Gesetzgeber den rechtlichen Rahmen dafür geschaffen, das die Unternehmen die Niedrigzinsphase meistern können. Mit weiteren Erleichterungen seitens der Politik sei kaum mehr zu rechnen, beschied er der Branche kurz und bündig. Schließlich sei es nicht Aufgabe des Gesetzgebers, bestimmte Produkte zu promoten. Nun sei verantwortungsvolle Unternehmensführung gefordert und erhöhte Wachsamkeit der Versicherungsaufsicht.
portfolio institutionell newsflash 06.10.2014/Hans Pfeifer

Weiterführende Links:Informationen zur Veranstaltung Nordbayerischer VersicherungstagVorträge und Statements Nordbayerischer Versicherungstag 2014

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