Regulierungstsunami erfasst auch Pufos
Bedingt durch immer neue regulatorische Vorgaben erwarten Investoren passendere Produktangebote. Doch – ebenfalls bedingt durch immer neue regulatorische Vorgaben – ist die Anbieterseite erst einmal mit sich selbst beschäftigt. Dies ergibt sich neben anderen Aspekten auch aus einer Studie zu institutionellen Publikumsfonds.
Institutionelle Anleger schätzen Publikumsfonds in erster Linie für Nischeninvestments und für ihre einfache Handhabung mit geringen Einstiegshürden und Mindestanlagesummen. Weitere Argumente für Publikumsfonds sind die Umsetzung von Basisinvestments, Bilanzierungsvorteile, Komplexitätsreduktion und die Umsetzung von passiven Investmentstrategien. Über diese und andere erste Ergebnisse einer aktuellen Studie zu institutionellen Publikumsfonds von Kommalpha unter 82 primär institutionellen Anlegern, aber auch Asset Managern im Zeitraum von Ende 2013 bis zum ersten Quartal 2014 berichtete portfolio institutionell bereits vorab in der vergangenen Ausgabe. Die Hälfte aller Befragungsteilnehmer verfügt über ein Anlagevolumen von über einer Milliarde Euro. Zweitstärkste Klasse hinsichtlich des Anlagevolumens stellen mit 23 Prozent die Anleger mit einem Volumen von 100 bis 500 Millionen Euro.
Nun liegen weitere Resultate der Studie vor, die von Hauck & Aufhäuser, Franklin Templeton, der DAB Bank und Hansainvest unterstützt wurde. Blickt man eine Stufe tiefer, nämlich auf die Assets, wird erkennbar, dass – zumindest bei den seitens der Anbieter in die Studie eingebrachten Publikumsfonds – ein Trend zu nach Asset-Klassen klar abgegrenzten Investmentkonzepten besteht. Mischfonds spielen mit einem Marktanteil von nur fünf Prozent eine untergeordnete Rolle. Die relevanteste Asset-Klasse für institutionelle Anleger innerhalb der Publikumsfonds sind Aktien. Die Hälfte aller gemeldeten institutionellen Publikumsfonds sind dieser Asset-Klasse zuzuordnen. Dabei spielen Satellitenmärkte eine stärkere Rolle als Kernmärkte. So gaben 70 Prozent der Befragten an, Aktien aus Emerging Markets als wichtige Asset-Klasse zur Investition in Publikumsfonds einzustufen. Die Kernmärkte Europa, USA und Japan sehen dagegen weniger als die Hälfte als für Publikumsfonds relevant an.
Sind Aktien die relevanteste Asset-Klasse im Universum der institutionellen Publikumsfonds, so sind Anleihen, die zweitstärkste Asset-Klasse in dieser Erhebung, das Segment mit dem größten Momentum. Der Marktanteil von Rentenfonds stieg von 18 Prozent in einer Vorgängerstudie aus dem Jahr 2009 auf eine Quote von 35 Prozent in der diesjährigen Erhebung. Auch innerhalb der Rentenfonds zeigt sich die Anziehungskraft der Emerging Markets: Unternehmensanleihen Welt ex Europa sind wichtiger (49 Prozent) als europäische Unternehmensanleihen (40 Prozent). In ihrer Bedeutung gegenüber der Studie 2011 verloren haben dagegen Immobilienpublikumsfonds. Lediglich 27 Prozent stufen diese Asset-Klasse bei Publikumsfonds als relevant ein. 2011 waren es noch 48 Prozent. Unter der Prämisse, dass dieses Angebot auch der Nachfrage entspricht, wird damit die These belegt, dass institutionelle Investoren beim Einsatz von Publikumsfonds ihre Allokation selbst steuern und vermögensverwaltende Produkte im Sinne von Mischfonds wenig nachfragen, kommentiert Kommalpha.
Eine wieder wachsende Bedeutung der Nischeninvestments „Emerging Markets“ dürfte aber nur ein Treiber dafür sein, dass 62 Prozent der Befragten die Bedeutung von Publikumsfonds als sehr hoch (sieben Prozent) oder zumindest hoch (55 Prozent) einschätzen. Lediglich elf Prozent sehen dagegen gegenwärtig eine geringe Bedeutung von Publikumsfonds. Gefragt nach der Zukunft von Publikumsfonds attestieren 70 Prozent diesen eine steigende Bedeutung. Während fünf Prozent die Relevanz als stark zunehmend einschätzen, gaben 65 Prozent an, dass die Bedeutung zunehmen wird. Die Zukunft der institutionellen Publikumsfonds scheint nach den Aussagen dieser Interviewrunde aber längst nicht so eindeutig, wie es die statistischen Durchschnittsergebnisse der breiten Online-Befragung erwarten lassen. Folgt man nämlich den Aussagen der laut Kommalpha repräsentativ ausgewählten Interviewteilnehmer, so kommt es vor allem darauf an, ob es den Anbietern gelingt, die Anzahl maßgeschneiderter Produkte für die verschiedenen Bedürfnisse und Risikotragfähigkeiten der einzelnen Investorengruppen zu erhöhen. Die Entlastung beziehungsweise angemessene Belastung des Eigenkapitals und damit der Risikobudgets rückt nach Einschätzung von Kommalpha künftig stärker in den Fokus. Die Performance-Betrachtung müsse einer Bewertung nach „Eigenkapitalrendite“ weichen. Die Gründe für den wahrgenommenen Nachfrageüberhang sehen die Interviewten besonders in einer mangelnden Innovationskraft der Produktanbieter, die derzeit eher mit den Herausforderungen der Regulierung beschäftigt sind. „Die Welle der Regulierungen und ihrer organisatorischen Herausforderungen scheint die Kreativität und Innovationskraft der Anbieter zu bremsen“, teilt der Finanzverantwortliche eines Pensionsvermögens den Studienautoren hierzu mit. Ähnlich äußert sich der Finanzchef einer kleinen Versicherung: „Der Fokus der Anbieter liegt derzeit auf den Regulierungen. Wir haben das Gefühl, dass dadurch viele Anbieter nicht mit neuen Projekten vorankommen. Es herrscht ein Innovationsstau.“
Investoren warten auf regulatorisch passgenaue Produkte
Die regulatorischen Hausaufgaben, die sich der Anbieterseite stellen, führen zwangsläufig zu Verzögerungen bei der Entwicklung von Produkten, die den derzeitigen Bedürfnissen entsprechen. Dies moniert gegenüber Kommalpha zum Beispiel der CFO einer Versicherung: „Ich sehe noch keine Anbieter, die passgenaue Produkte im Rahmen der aktuellen Regulierung für – gerade auch kleine und mittlere – Versicherer entwickelt haben.“
Aus dieser Kritik lässt sich ableiten, dass institutionelle Publikumsfonds eben nicht nur die oben erwähnten Vorteile, sondern als Standardprodukt eben auch gewisse Nachteile mit sich bringen. Wegen dieser institutionellen Bedürfnisse bleiben Spezialfonds bei der Vehikelwahl die Nummer Eins. Gerade zur Abfederung aller Anforderungen aus der Regulierung seien Spezialfonds das geeignetere Vehikel. Ins Bild passt, dass innerhalb der Interviewrunde selbst kleine Versicherungen angaben, dass sie zur Umsetzung von Investments in Publikumsfonds Segmente in einem Masterfonds oder einem gesonderten Spezialfonds einsetzen.
Im Clinch mit der Rating-Verordnung
Doch auch Spezialfonds sind vor dem Regulierungstsunami nicht gefeit, wie zum Beispiel das KAGB gezeigt hat. Wie sich aus den Gesprächen mit den Studienteilnehmern weiter ergab, führen die ersten Auswertungen des Entwurfs der Anlageverordnung und die bezüglich der Investmentfonds nicht differenzierte Rating-Verordnung der EU zu einer Verunsicherung der Entscheidungsträger. „Die Anlageverordnung schränkt unseren Handlungsspielraum nochmal ein, es sieht so aus, als ob der Spezialfonds etwas litte“, kommentiert der Leiter Risikocontrolling einer Versicherung. Zur Rating-Verordnung hält ein anderer Risikocontroller fest, dass diese eine große Hürde für kleine Versicherungen darstellt: „Sie sorgt für zusätzliche Verunsicherung.“
Falls die regulatorischen Aspekte für die klassischen Asset-Klassen einmal geklärt sein sollten, schließt sich die Frage an, wie es um Investments von Alternatives unter den neuen Rahmenbedingungen bestellt ist. Bei Alternatives spricht für Publikumsfonds, dass die meisten institutionellen Investoren nicht genug Assets auf die Waage bringen, um hier in der Spezialfondsklasse antreten zu können. Möglicherweise stehen schlussendlich nicht nur die Asset-Klasse, sondern auch die Regulierung Pate für die Entscheidung, ob ein Publikumsfonds oder ein ungelisteter rechtlicher Mantel gewählt wird. Bleibt zu hoffen, dass diese Entscheidung bald ansteht. Denn: „Alleine die Kapazitätsbindung durch neue Regulierung verhindert die dringend notwendige Ausrichtung auf das kaufmännisch Sinnvolle“, kritisiert der Vorstand einer Bank.
portfolio institutionell, Ausgabe 6/2014
Autoren: Patrick Eisele In Verbindung stehende Artikel:
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