Versicherungen
11. Juni 2014
Nürnberger: Infrastrukturanlagen nur unter Vorbehalt
Die Nürnberger Versicherungsgruppe schichtet ihre Kapitalanlagen sukzessive in risikoreichere Assets um und zieht dabei auch Infrastrukturanlagen in Betracht, wie Vorstandschef Armin Zitzmann in einem Interview betonte. Die Vorbereitung auf Solvency II laufe auf vollen Touren.
Seit geraumer Zeit macht die Niedrigzinsphase der Assekuranz zu schaffen und damit auch der Nürnberger Versicherungsgruppe, die mit Kapitalanlagen in Höhe von 24,1 Milliarden Euro hantiert und für 6,1 Millionen Versicherungsverträge gerade steht. Nach Einschätzung von Armin Zitzmann, Vorstandschef der Nürnberger, kommt die Zinswende „in diesem Jahrzehnt nicht mehr“, wie er in einem aktuellen Interview mit der Börsen-Zeitung sagte. Die Europäische Zentralbank, die erst in der vergangenen Woche ihren Hauptrefinanzierungssatz um zehn Basispunkt auf 0,15 Prozent gesenkt hat und von Banken für Einlagen nun erstmals sogar Zinsen verlangt, werde bei ihrer lockeren Geldpolitik bleiben, ist Zitzmann überzeugt. Sein Pessimismus stützt sich auf die Erkenntnis, dass die wirtschaftliche Situation in Europa noch recht instabil sei: „Wenn die anderen europäischen Staaten mit ihrer schwachen Wirtschaftskraft und ihrer hohen Verschuldung einigermaßen mitziehen wollen im Geleitzug der stärkeren Volkswirtschaften in der Eurozone, sehe ich kein Indiz für eine Zinserhöhung.“
Die Versicherungswirtschaft läuft schon lange Sturm gegen die Niedrigzinsen und hat sich wirtschaftswissenschaftlichen Beistand geholt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW)hat im Auftrag der Assekuranz eine Studie verfasst. Thema: „Das aktuelle Niedrigzinsumfeld: Ursachen, Wirkungen und Auswege“. Glaubt man den Kölner Forschern, haben sich die Voraussetzungen für eine Zinswende deutlich verbessert. Die Konjunktur hab sich stabilisiert, ebenso das Bankensystem, die Südländer seien aus dem Gröbsten raus, die Reformen gingen in die richtige Richtung. Wann die Zinswende kommen könnte, weiß das Kölner Institut auch: „bald“. Konkret hieße dies: im zweiten Halbjahr 2015. Damit ist das Institut deutlich optimistischer als Zitzmann. Allerdings weisen die Forscher auch darauf hin, dass die Zinswende sehr schonend und behutsam einsetzen müsse, eher in 0,1-Prozentpunktschritten als in 0,25- oder 0,5-Punktschritten. Denn mit dem billigen Geld sei es nun mal wie mit einer Droge, von der der Patient langsam entwöhnt werden müsse.
Die Versicherungswirtschaft läuft schon lange Sturm gegen die Niedrigzinsen und hat sich wirtschaftswissenschaftlichen Beistand geholt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW)hat im Auftrag der Assekuranz eine Studie verfasst. Thema: „Das aktuelle Niedrigzinsumfeld: Ursachen, Wirkungen und Auswege“. Glaubt man den Kölner Forschern, haben sich die Voraussetzungen für eine Zinswende deutlich verbessert. Die Konjunktur hab sich stabilisiert, ebenso das Bankensystem, die Südländer seien aus dem Gröbsten raus, die Reformen gingen in die richtige Richtung. Wann die Zinswende kommen könnte, weiß das Kölner Institut auch: „bald“. Konkret hieße dies: im zweiten Halbjahr 2015. Damit ist das Institut deutlich optimistischer als Zitzmann. Allerdings weisen die Forscher auch darauf hin, dass die Zinswende sehr schonend und behutsam einsetzen müsse, eher in 0,1-Prozentpunktschritten als in 0,25- oder 0,5-Punktschritten. Denn mit dem billigen Geld sei es nun mal wie mit einer Droge, von der der Patient langsam entwöhnt werden müsse.
Die Niedrigzinsphase führt nach Einschätzung Zitzmanns zu einem stetig sinkenden Wiederanlagezins. Trotzdem könne die Nürnberger derzeit immer noch eine laufende Verzinsung im Gesamtbestand von rund vier Prozent ausweisen. Die Nettoverzinsung in der Lebensversicherung lag bei 4,5 Prozent. „Um diese Verzinsung auch künftig hoch zu halten, müssen wir aber wesentlich mehr diversifizieren und somit mehr ins Risiko gehen als früher“, so der Nürnberger-Chef.
Überdurchschnittliche Aktienquote
Überdurchschnittliche Aktienquote
Bei der Neuanlage plant das Unternehmen für 2014 bei „risikofreien Kapitalanlagen“ mit einer Verzinsung zwischen 2,5 und 2,7 Prozent. Diese Bandbreite hatte man auch im vergangenen Jahr im Visier. Das Zinstief drängt die Nürnberger wenig überraschend in Anlagen mit höheren Renditechancen. Auf die Frage, ob die Nürnberger bei den Kapitalanlagen mehr in Aktien, Beteiligungen und Immobilien umschichtet, zeigt sich Zitzmann entspannt: „Unsere interne Garantieverzinsung könnten wir auch problemlos auf Basis der bisherigen festverzinslichen Wertpapiere erwirtschaften, die bei uns zwischen 70 und 80 Prozent des Kapitalanlagebestands ausmachen. Diese konventionellen festverzinslichen Anlagen wie Pfandbriefe und Staatsanleihen sind und bleiben der größte Bestandsposten. Unsere Rendite liegt hier derzeit bei 3,14 Prozent. Das heißt, dass wir die zusätzlichen Erträge in Richtung vier Prozent eben über Aktien und andere Anlagen wie Immobilien erwirtschaften müssen.“ Um das Zinsniveau zu halten, müsse die hauseigene Risikoneigung aber leicht steigen. Umfangreiche Umschichtungen seien jedoch nicht geplant, zumal die Aktienquote mit 7,5 Prozent über dem Marktdurchschnitt liegt.
Was Anlagealternativen wie Erneuerbare Energien betrifft, gibt Zitzmann nur so viel preis: „Wir halten die Augen offen. Ähnlich wie andere Versicherer könnten wir uns sehr gut vorstellen, mehr in Infrastrukturprojekte zu investieren. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass auch auf diesem Gebiet die Kapitalanforderungen klar sind.“ Solange diese aber nicht geklärt seien, werde man nicht auf den Zug aufspringen, so Zitzmann, der für seine Branche eine Lanze brechen will: „Wenn Versicherer als große Kapitalsammelstellen mehr Chancen hätten, ihr Geld in Produktivkapital zu investieren, wäre das volkswirtschaftlich sinnvoller.“
Hintergrund: Am 27. Mai 2014 hat das Bundesfinanzministerium einen Entwurf für eine Verordnung zur Änderung der Anlageverordnung und der Pensionsfonds-Kapitalanlageverordnung zur Konsultation versandt („Änderungsverordnung“). Diese wurde bereits seit Längerem erwartet, da die derzeitige Fassung der Anlageverordnung aus dem Jahr 2011 auf das Investmentgesetz referenziert, welches im Juli 2013 durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt wurde. Nach Angaben der Juristen von Dechert wurde im Rahmen der öffentlichen Diskussion im Vorfeld der Änderungsverordnung eine neue Quote für Infrastrukturfonds erwartet. Eine ausdrückliche Quote für Infrastrukturfonds findet sich in dem Entwurf aber nicht. Die Begründung zur Änderungsverordnung verweist jedoch bei zwei Anlageklassen auf die Möglichkeit, in Infrastruktur zu investieren: Besicherte Darlehen und Darlehensfonds.
Hintergrund: Am 27. Mai 2014 hat das Bundesfinanzministerium einen Entwurf für eine Verordnung zur Änderung der Anlageverordnung und der Pensionsfonds-Kapitalanlageverordnung zur Konsultation versandt („Änderungsverordnung“). Diese wurde bereits seit Längerem erwartet, da die derzeitige Fassung der Anlageverordnung aus dem Jahr 2011 auf das Investmentgesetz referenziert, welches im Juli 2013 durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt wurde. Nach Angaben der Juristen von Dechert wurde im Rahmen der öffentlichen Diskussion im Vorfeld der Änderungsverordnung eine neue Quote für Infrastrukturfonds erwartet. Eine ausdrückliche Quote für Infrastrukturfonds findet sich in dem Entwurf aber nicht. Die Begründung zur Änderungsverordnung verweist jedoch bei zwei Anlageklassen auf die Möglichkeit, in Infrastruktur zu investieren: Besicherte Darlehen und Darlehensfonds.
Zinszusatzreserve weiter aufgestockt
Das Lebensversicherungsgeschäft macht bei der Nürnberger Gruppe gut drei Viertel der Beitragseinnahmen aus. Das ist für Zitzmann aber kein Grund, die Beitragsstruktur wegen des Zinstiefs radikal zu verändern: „Der Anteil des Versicherungsbestandes mit hohen Zinsgarantien liegt bei uns unter dem Marktdurchschnitt. Er macht nur knapp 18 Prozent aus, der Marktdurchschnitt beträgt 23 Prozent.“
Konfrontiert mit der Frage, wie lange die Nürnberger das Zinstief vor dem Hintergrund ihrer Verpflichtungen bei hochrentierlichen Lebensversicherungsverträgen aus dem Altbestand noch durchhält, gibt sich Zitzmann gelassen: „Bei uns gibt es keinen Endzeitpunkt. Alle Modelle, die wir durchrechnen, gehen bis weit in die nächste Dekade hinaus und stellen für uns kein Problem dar. Das liegt unter anderem daran, dass wir bereits viel Geld in die Zinszusatzreserve gesteckt haben.“ Im vergangenen Jahr habe die Nürnberger die staatlich verordnete Reserve um 109 Millionen auf nunmehr insgesamt 220 Millionen Euro aufgestockt. „Das ist im Prinzip die Vorfinanzierung für das Szenario, dass die Zinsen ewig niedrig bleiben.“
Ohnehin müsste die Nürnberger als Gesamtverzinsung schon jetzt nur 2,7 Prozent erwirtschaften, um ihre Garantien zu erfüllen. Und dieser Wert sinke Jahr für Jahr, weil immer mehr Kundenverträge abliefen. Ein Lebensversicherer wiederum, der im Bestand einen hohen Anteil von Policen mit Garantiezinsen von vier Prozent hat, bekommt nach Einschätzung Zitzmanns bei einem anhaltend niedrigen Zinsniveau Schwierigkeiten, seine Verpflichtungen zu erfüllen. „Das ist die Sorge der Bafin. Unter Solvency II muss man seine Verpflichtungen richtig in die Zukunft extrapolieren. Dabei kommt die Wahrheit relativ schnell auf den Tisch.“
portfolio institutionell newsflash 11.06.2014/Tobias Bürger
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