Schwarzer Schwan
11. April 2014

Vom Erfolg überrollt

Geld stinkt nicht. Aber es kann zur Last werden, wie zwei Beispiele aus dem Sparkassenlager zeigen.

Die Sparkasse Nürnberg ist finanziell bestens gepolstert. Dank einer Schwemme neuer Spareinlagen knackten die Mittelfranken im vergangenen Jahr bei der Bilanzsumme erstmals die Marke von zehn Milliarden Euro. Vorstandschef Matthias Everding sieht die grundsätzlich positive Entwicklung der zweitgrößten bayerischen Sparkasse aber mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn mit dem vielen Geld der Sparer kommt auch der Ärger mit der Aufsicht. Presseberichten zufolge fürchtet Everding, dass sein Institut nun ins Visier der Bankenaufseher der Europäischen Zentralbank gerät: „Das wären Entwicklungen, die nicht so erfreulich wären“, sagte er anlässlich der Bilanzvorlage in Nürnberg. Denn im Gegensatz zur Bundesbank tue sich die europäische Aufsicht schwer, das Geschäftsmodell der Sparkassen zu verstehen. 
Der um klare Worte wenig verlegene Sparkassenchef befürchtet insbesondere, dass sein Geldhaus aufgrund des Zehn-Milliarden-Euro-Gewichts in die Kategorie der potenziell systemgefährdenden Kreditinstitute einsortiert wird. Zwar stehe die Definition dieser Gruppe noch aus. Aber: „Machen wir uns nichts vor. Es handelt sich um eine neue Behörde mit neuen Beschäftigten“ – die suchten sich schon ihre Arbeit, so Everding. Er ahnt, künftig nach den globalen IFRS-Standards bilanzieren zu müssen statt nach dem guten alten HGB. Ganz unverblümt sagt er: „Allein durch solche Dinge tauchen Fragen und Probleme auf, die niemandem etwas bringen, aber Kraft und Zeit kosten.“ 
Kreative Form der Bilanzverkürzung 
Auch die Sparkasse Ulm ächzt, weil sie mit Kundengeldern einst überhäuft wurde – und wegen der ausufernder Zinslasten aus alten Sparverträgen beinahe in Schieflage geraten wäre. Daran ist das mit einer Bilanzsumme von rund sechs Milliarden Euro hantierende Institut aber in gewisser Weise selbst schuld: In den 1990ern ersannen die Ulmer eine Art Step-up-Kontenmodell, das sie „Scala“ nannten und das mit zunehmender Laufzeit (bis zu 25 Jahre!) neben einem marktüblichen Basiszins noch mit Bonuszinsen von bis zu 3,5 Prozent lockte. Der Haken: „Durch die Niedrigstzinsphase stieg die Gesamtanlagesumme auf allen S-Scala-Konten der Sparkasse Ulm von 130 Millionen Euro Anfang 2009 auf über 200 Millionen Ende 2012“, jammert das Institut in einer Pressemitteilung und zog die Notbremse. Der völlig überforderten Sparkasse zufolge hätte der Bestand sogar eine Milliardengröße erreichen können, so groß war der „Bank Run“. Offenbar erlaubte die Vertragsgestaltung den Kunden, ihre monatlichen Sparraten auf bis zu 2.500 Euro auszudehnen. Manche holten dabei anscheinend ihre Verwandtschaft mit ins Boot, um möglichst viel Geld auf dem Scala-Konto zu parken. 
Ausufernde Bilanzsummen sind dem Sparkassenlager unter der Ägide von Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), wie wir inzwischen wissen, ein Dorn im Auge. Während die Nürnberger nur über ihre Größe klagen, gingen die Ulmer kurzerhand in die Offensive und drehten ihren Sparkunden „attraktive Alternativangebote“ an. Nur, so attraktiv, wie es scheint, sind die Offerten dann wohl doch nicht. Wie sonst lässt es sich erklären, dass die Sparkasse für 4.000 der ursprünglich im Jahr 2005 vorhandenen 28.000 Kundenverträgen noch keine „einvernehmliche“ Lösung gefunden hat und inzwischen gegen ihre Kunden prozessiert. Wer seine Kunden so behandelt, kann sicher sein, dass seine Bilanzsumme nicht weiter steigt. Das ist auch eine Strategie, um nicht ins Visier der europäischen Aufsicht zu geraten. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
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