Schwarzer Schwan
14. Februar 2014

Fußball ist unser Leben

Fußball ist unser Leben / denn König Fußball regiert die Welt. Wir kämpfen und geben Alles / bis dann ein Tor nach dem andern fällt.

Anno 1974 sahen die Fußballnationalspieler mit ihren langen Haaren und Kotletten nicht nur toll aus, sondern konnten auch ganz toll singen.
Für alle Ästheten und Freunde der gehobenen Gesangskunst:

 
Fußball ist aber nicht nur „unser Leben“, sondern auch Politik! (Dem widerspricht nur Bill Shankly, Ex-Trainer des FC Liverpool: „Es gibt Leute, die denken Fußball ist eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist.“) Der politischen Komponente des Fußballs ist sich besonders Cristina Fernández de Kirchner, Präsidentin von Argentinien und Muse dieses Newsletters, bewusst. Das römische „panem et circencis“ feiert seine Wiederauferstehung in der argentinischen Neuinterpretation, die Preise für Brot festzusetzen und bis dato etwa 700 Millionen Euro in die Übertragungsrechte der argentinischen Erstligafußballspiele zu investieren.
In den dann kostenlos übertragenen Partien kann Frau Kirchner clever auf die Segnungen ihrer Regierung, wie zum Beispiel Preisfestlegungen für fast 200 Produkte im inflationsgeplagten Argentinien, hinweisen. Die FAZ notiert pikiert zur Gestaltung der Spielpausen: „In den Filmen werden alle staatlichen Kampagnen ausführlich propagiert und die Slogans des regierungsamtlichen Propagandaapparates wiederholt, in kurzen Nachrichtensendungen erscheinen nur Meldungen, die den Kirchnerismus in günstigem Licht erscheinen lassen.“ Clever auch die Reaktion für den Fall, dass das Volk doch so undankbar ist und das eigene Hirn nutzen will: Die Spitzenspiele und deren Live-Übertragung laufen nun parallel zu politischen Sendungen der Opposition in nicht-staatlichen Kanälen.  
Wer dies nun aber als „typisch Schwellenland“ abtut, läuft ins politische Abseits. Auch auf deutschem Boden wird mit Fußball Politik gemacht. Kennen Sie noch die einheitliche sozialistische Sportorganisation der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR? Diese schimpfte sich BFC Dynamo Berlin und war das Aushängeschild der DDR und Lieblingsspielzeug von Erich, „ich liebe doch alle“, Mielke, dem Minister für Staatssicherheit. Die Überlegenheit des sozialistischen Systems, die das Team versprühen sollte, spürten wohl auch immer Schiedsrichter und medizinische Betreuer, die an den zahlreichen Ost-Meisterschaften von Dynamo nicht unbeteiligt waren. 
Auch im wiedervereinigten Deutschland versuchten Politiker, sich des Fußballs zu bemächtigen. Als Deutschland 2006 kurz vor der Heim-Weltmeisterschaft ein Freundschaftsspiel in Italien mit 1:4 vergeigte, lagen auch in Berlin die Nerven blank. Politiker aller Parteien forderten, den damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann vor den Sportausschuss des Bundestags zu zitieren. Möglicherweise wollten die Politiker demokratisch über die Aufstellung und Taktik abstimmen oder noch jeweils einen Kicker aus ihrem Wahlkreis im WM-Kader unterbringen. 
Und in Bayern ist längst alles FC Bayern. Eine Niederlage des FCB wird bereits als Science Fiction abgetan, und längst ist die Wiederauferstehung des Uli Hoeneß (1974 als Sänger dabei) zu bestaunen. Dem Steuer-Paria, dem man doch eigentlich nur noch eine Frist bis zum Champions-League-Finale geben wollte, wird von der für ihre Seriosität bekannten Allianz durch deren Anteilskauf ein Heiligenschein geflochten. Die Zahlen können auch jedem das Gehirn vernebeln: Der Einstiegspreis der Allianz beim FC Bayern bedeutet hochgerechnet, dass der Club mit 1,3 Milliarden Euro bewertet wird.
Weiter wollte der FC Bayern ursprünglich sein Fußballstadion zusammen mit 1860 München bis etwa 2025 abbezahlen. Nun gehört die Arena jetzt schon den Bayern alleine – und zwar schuldenfrei. Wie aber ein Deal mit Hoeneß mit der strengen Allianz-Compliance compliant sein soll? Geht bei der Allianz hier Marketingpolitik vor Risikomanagement? Ist bei dem doch sonst alle Risiken mathematisch-statistisch, nüchtern, rational und kühl kalkulierenden Versicherungsunternehmen jetzt auch alles Fußball? Hoeneß setzt mit der neuen Partnerschaft auf jeden Fall ein politisches Signal. Ob das aber auch den Richter beeindruckt? 
Die Redaktion von portfolio wünscht allen Lesern ein schönes Wochenende.
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