Schwarzer Schwan
6. Dezember 2013
Endlich: Ein Herz für Banker
Die Inhaber höchster politischer Ämter sind eigentlich immer um den gesellschaftlichen Ausgleich bemüht und beweisen jeden Tag aufs Neue Taktgefühl und Charme. Nicht so Boris Johnson, Mayor of London.
Mal wieder wenig geschmackvoll gab sich Johnson in einer Rede auf der jährlichen „Margarete Thatcher Lecture“. Diese Rede begann der Oberbürgermeister Londons stilsicher mit der Erinnerung, dass anlässlich der Beerdigung von Baroness Thatcher „Ding-Dong-the-witch-is-dead“-Lieder zum Besten gegeben wurden.
Für ein Oberhaupt einer Weltstadt äußerte Johnson auch erstaunlich darwinistische Gedanken, die er mit Überlegungen zur sozialen Durchlässigkeit und Mobilität der britischen Gesellschaft anhand eines plastischen und überaus charmanten Beispiels verband: „Sie können über den Wert von IQ-Tests denken, was sie wollen. Relevant für eine Diskussion über Gleichheit ist aber auf jeden Fall, dass 16 Prozent der Menschheit einen IQ von unter 85 haben und dagegen zwei Prozent einen IQ von über 130. Je härter man eine Packung Cornflakes schüttelt, desto leichter ist es für einige Cornflakes, nach oben zu kommen.“ Thatcher habe die Cornflakes-Packung in den 80er Jahren besonders gut geschüttelt.
Gier ist geil
Bei solchen Überlegungen kommt in Deutschland natürlich etwas Neid auf, da hierzulande der IQ von deutschen Cornflakes eigentlich eher gegen null verortet wurde. Doch England glänzt ja nicht nur beim Cornflakes-IQ, sondern auch durch seine große Historie, die die Deutschen vor Neid erblassen lässt. „Von den aktuell 193 Mitgliedern der UN haben wir mindestens 171 erobert oder zumindest überfallen. Die einzigen Länder, die anscheinend entronnen sind, sind Staaten wie Andorra oder der Vatikan. Zwischen 1750 und 1865 waren wir die bei weitem politisch und wirtschaftlich mächtigste Nation auf Erden“, erinnert Johnson in der auf Erden einzigartigen Art der britischen Geschichtsbetrachtung. Doch zurück zu intellektuell minderbemittelten und intellektuell herausragenden britischen Cornflakes: Diese, so Johnson, unterscheiden sich in ihrem Einkommen nämlich stärker denn je. Dies sei aber nicht weiter schlimm, da ein gewisses Maß an Ungleichheit, wie Gier, ein wertvoller Ansporn für ökonomische Aktivitäten sei.
Banker, die Stützen der Gesellschaft
Gier? Ausgerechnet hier zeigt Darwinist Johnson in seiner großen Rede sein großes Herz: nämlich für Investmentbanker und deren gesellschaftlichen Nutzen. „Ich hoffe, dass die Gordon Gekkos von London dieses Mal nicht nur durch ihre Gier auffallen, sondern auch für das, was sie für den Rest der Bevölkerung geben und machen.“
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, und Gier ist geil. Möglicherweise besonders mitfühlend ist Boris Johnson mit Deutschbankern. 15 Jahre nach Hilmar Koppers´ Peanuts-Vergleich bezeichnete Johnson nämlich sein Honorar von 250.000 Pfund für einen Nebenjob als Zeitungskolumnist als „Chicken Feed“.
Sein materialistisch geprägtes Gedankengut präsentierte Boris Johnson übrigens auch schon einmal im Wahlkampf: „Wenn Sie die Konservativen wählen, bekommt Ihre Frau größere Brüste und Sie haben bessere Chancen auf einen BMW M3.“
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein schönes Wochenende.
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portfolio institutionell
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