Recht, Steuer & IT
20. November 2013
Champions-League-Renditen
In der Steueraffäre „Uli Hoeneß“ wurde die Anklage nun zugelassen. Ein Deutungsversuch aus der Investmentbanking-Welt führt zum Verdacht, dass Insiderhandel im Spiel sein könnte.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist das Hoeneß-Zitat zu seinem Schweizer Vontobel-Konto im „Zeit“-Interview: „In den Jahren 2002 bis 2006 habe ich richtig gezockt, ich habe teilweise Tag und Nacht gehandelt.“ Banker verorten aber Zockerparadiese eher jenseits des Atlantiks, keinesfalls im Nachbarland. „Wer in die Schweiz geht, sucht Diskretion“, so ein Händler einer Großbank zum Schweiz-Motiv gegenüber portfolio. Diskretion scheint nicht nur aus steuerlicher Sicht angebracht zu sein. Hoeneß war nämlich laut eigener Aussage wegen der geplatzten Internetblase „richtig klamm“, weshalb es sich gut traf, dass sein Freund und Milliardär Robert Louis-Dreyfus, damals Chef von Adidas, ihm auf dieses Konto in Form von Krediten und Bürgschaften 20 Millionen D-Mark überwies. „Lass uns was zusammen machen“, soll Louis-Dreyfus laut Hoeneß zu ihm gesagt haben. Für Adidas war das womöglich gut angelegtes Geld: Etwas später, der 2009 verstorbene Louis-Dreyfus war nicht mehr CEO, aber noch Großaktionär, sicherte sich Adidas nämlich zehn Prozent an Bayern München und schob damit besseren Sponsorkonditionen von Nike einen Riegel vor – womöglich zulasten des Vereins.
So weit, so gut (?), so bekannt. Weniger bekannt ist, dass Adidas für den Anteil mit 70 Millionen Euro doppelt so viel wie den taxierten Wert bezahlte und die Aktie daraufhin knapp zehn Prozent verlor. Solche Kursentwicklungen wecken bei entsprechend sozialisierten Investmentbankern bei einem Konto mit reichlich Spielgeld in der auf Diskretion bedachten Schweiz den Verdacht auf Insiderhandel.
Verschiedene Argumente machen diese abenteuerlich klingende These nicht unbedingt unglaubwürdiger. Mit dem Pokerspieler und wegen Unregelmäßigkeiten bei Spielertransfers auf Bewährung verurteilten Louis-Dreyfus teilte Hoeneß auch das Geheimnis eines millionenschweren Geheimvertrags zu Fernsehrechten. Weiter stellt sich die Frage, warum sich ein Milliardär zum Spekulieren nicht mit Goldman Sachs, sondern mit einem Fußballmanager zusammenschließt. Vielleicht weil er beim Verkauf seiner Anteile am Marktforscher IMS gegen Insiderregeln verstieß und darum 1991 von der SEC zu einer Geldbuße von 213.750 Dollar verurteilt wurde? Drittens will Hoeneß primär Devisen- und Aktiengeschäfte getätigt haben. Laut von portfolio befragten Experten sticht Vontobel aber weder in diesen Asset-Klassen noch bei der Execution hervor, genießt aber die Reputation einer auf Verschwiegenheit bedachten Privatbank. Viertens lagen laut Hoeneß in der Spitze auf dem Konto 15 bis 20 Millionen Euro. Wie verdoppelt man aber den Kontowert im betreffenden Zeitraum und zahlt zudem die Louis-DreyfusLeihgaben bald darauf – so die „Süddeutsche“ – zurück, falls es nicht neue Einzahlungen gab? Schon allein einen „Verdoppler“ mit FX in vier bis fünf Jahren bezeichnen Währungsexperten trotz möglicher Hebel als „bemerkenswert“ und „sehr hoch“. Auch mit Aktien ist eine Überperformance schwer, wenn der Markt im ersten Jahr nur fällt – außer man weiß mehr als andere.
Mit Hoeneß ließen sich Dax-Vorstände gerne sehen, und die Treue der im Aufsichtsrat sitzenden Sponsoren Adidas, Deutsche Telekom, Volkswagen und Audi trotz aller Governance-Grundsätze ist ebenfalls bemerkenswert. Laut „Stern“ befanden sich übrigens zeitweise, entgegen der von Hoeneß oben genannten Summe, auf dem Konto für rund 40 Millionen Euro Telekom-Aktien.
portfolio institutionell newsflash 20.11.2013/Patrick Eisele
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