Schwarzer Schwan
15. November 2013

Stilblüten der Regulierung

Alternative Investmentfonds werden vom Regulator zunehmend in die Mangel genommen. Nicht jeder Anbieter lässt sich das gefallen.

Seit dem 22. Juli muss sich die Investmentbranche in Deutschland mit dem neuen Kapitalanlagegesetzbuch, kurz KAGB, herumschlagen. Dass der Umgang mit dem Grundgesetz der Finanzindustrie, wie manche das 286 Seiten starke Werk bezeichnen, nicht jedem auf Anhieb leicht fällt, ist verständlich. Man denke nur an den guten alten Spezialfonds, der diesen Namen regulierungsbedingt nicht länger tragen darf, während sich der traditionsreiche Begriff aus den Köpfen institutioneller Investoren wohl auf Jahre hinaus nur schwer tilgen lassen wird. Was sich der Regulator dabei gedacht hat, Spezialfonds in „offener inländischer Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen“ umzutaufen, bleibt sein Geheimnis. 
Das KAGB, das die Forderungen der europäischen AIFM-Richtlinie umsetzen soll (Anlegerschutz, natürlich!), treibt aber noch andere Stilblüten, die einem Schwarzen Schwan zur Ehre gereichen: So tickt nun für einen der wohl bekanntesten globalen Investmentfonds aller Zeiten die Uhr. Der 1954 von Sir John Templeton aufgelegte Templeton Growth Fund ist kein Ogaw-Fonds und wird daher von den deutschen Aufsichtsbehörden im Rahmen der Umsetzung der AIFM-Richtlinie als alternativer Investmentfonds (AIF) eingestuft. Was auf den ersten Blick als skurrile Klassifizierung daherkommt, hat für den Anbieter herbe Konsequenzen – auf die gesetzlichen Erfordernisse des Fonds und seine Organisationsstruktur. 
Aus nach 31 Jahren 
Bei Franklin Templeton scheut man vor einer möglichen Umstrukturierung des Fonds zurück. Vielmehr kam die 1940 von Sir John Templeton gegründete Investmentgesellschaft zu dem Schluss, dass das Vehikel aufgrund seiner rechtlichen Struktur die neuen gesetzlichen Erfordernisse nicht erfüllen kann. Um es kurz zu machen: Der seit 31 Jahren in Deutschland zum Vertrieb zugelassene Templeton Growth Fund, der es heute auf ein Anlagevolumen von knapp 17 Milliarden Dollar und eine Jahres-Sharpe-Ratio von fast drei (!) bringt, wird ab Mitte nächsten Jahres hierzulande nicht mehr vertrieben.
Damit fällt ein unbestritten transparentes Anlageprodukt der Regulierung zum Opfer, das seinen Inhabern in den vergangenen drei Dekaden eine Rendite von knapp 980 Prozent beschert hat – wobei die Ausschüttungen noch nicht einmal berücksichtigt sind. Auch wenn der Vergleich etwas hinkt, klingt diese Entwicklung so, als ob Sebastian Vettel (nach der Denke des KAGB) keine Formel-1-Rennen mehr fahren dürfte, wenn er den Führerschein verliert. 
Absichtlich oder nicht – eine aktuelle Werbeanzeige von Fidelity trägt den Slogan: „Wachstum braucht Stabilität“. Davon können Anbieter und Investoren, die demnächst wohl mit einer Finanztransaktionssteuer „beglückt“ werden, nur träumen. 
In diesem Sinne wünscht Ihnen die Redaktion von portfolio ein sorgenfreies Wochenende.
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