Investmententscheidung ist neu zu bewerten
Die geschätzte Bevölkerungs- und Gebäudeentwicklung in Deutschland weicht zum Teil erheblich von der Realität ab. Die Wohnimmobilienmärkte und damit auch die Investmententscheidung der Investoren müssen neu bewertet werden. Der Investmentkompass von Patrizia zeigt wo und wie.
Real Assets, allen voran Immobilien, stehen bei institutionellen Investoren derzeit ganz hoch im Kurs. Die Quoten sollen aufgestockt werden, wie diverse Studien belegen. Auch eine im Sommer dieses Jahres durchgeführteStudie von portfolio institutionell zeigt dies. Gefragt sind demnach insbesondere Wohnimmobilien in westdeutschen Großstädten. Bevor Investoren auf Kauftour in Deutschlands Wohnimmobilienmärkten gehen, sollten sie ihre Investmententscheidung nochmals genau überprüfen und neubewerten. Dazu rät Dr. Marcus Cieleback, Group Head of Research bei der Patrizia Immobilien AG. Der Grund: Die im Frühjahr veröffentlichten Ergebnisse des Zensus würden dazu führen, dass zahlreiche deutsche Regionen neu bewertet werden müssen.
Laut dem Zensus gibt es in Deutschland 500.000 Wohnungen mehr als bislang angenommen. Gleichzeitig steigen die Bevölkerungszahlen in den Großstädten schneller als bisher prognostiziert, während Deutschlands Einwohnerzahl insgesamt um 1,8 Prozent niedriger ist. In dem neuen Investmentkompass Wohnen analysiert Patrizia die Auswirkungen dieser Zahlen auf die Wohnimmobilienmärkte. „Investoren sollten nun eine Neubewertung ihrer Investmententscheidungen vornehmen. Dabei sollte die Mikroebene betrachtet werden, um festzustellen welche Regionen zu den Gewinnern und Verlierern gehören“, sagt Cieleback.
In Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sind jeweils drei Prozent mehr Wohnungen als die bisherigen Statistiken angeben. „Es muss aber immer die jeweilige Stadt oder Landkreisebene betrachtet werden, da es auch in den einzelnen Bundesländern große Unterschiede gibt“, erläutert Cieleback. Analysiert man die mittlere Abweichung auf Länderebene sowie die 25- und 75- Prozent-Quartile aus der Stadt- und Landkreisanalyse innerhalb jedes Bundeslandes, zeigen die Ergebnisse sehr deutlich, dass es keinen einseitigen Effekt der neuen Zensusergebnisse auf die hochgerechneten Zahlen gibt, der eine einfach generelle Adjustierung der Zahlen im Rahmen von Marktanalysemodellen erlauben würde.
Die erhöhte Gebäudeanzahl geht einher mit einer gesunkenen Einwohnerzahl in Deutschland. Dabei unterscheiden sich die festgestellten von den geschätzten Zahlen je nach Bundesland unterschiedlich stark. Patrizia führt dies am Beispiel der Top-Sieben-Standorte vor: In Stuttgart ist die Einwohnerzahl von 2003 bis 2011 nicht um 3,3 Prozent gewachsen, sondern um rund 0,6 Prozent gefallen. Ähnliches gilt für Berlin und Hamburg. In beiden Städten ist die Bevölkerung gesunken und nicht gewachsen, wie ursprünglich geschätzt wurde. Für Frankfurt gilt, dass die Einwohnerzahl tatsächlich gestiegen ist, aber nicht um etwa 6,1 Prozent, sondern nur um 3,8 Prozent. Auch in anderen Städten wurden laut Patrizia teilweise große Unterschiede festgestellt.
Wie Patrizia in ihrem Wohnkompass herausstreicht, liegt die Spanne auf Stadt- und Landkreisebene zwischen -15 und 8 Prozent, wobei 70 Prozent aller Fälle im negativen Bereich liegen. Die regionale Verteilung der Bevölkerungsentwicklung zeigt keine signifikante räumliche Autokorrelation. Dennoch weisen die Regionen um München und Hamburg eine um bis zu vier Prozent höhere Wachstumsrate für den Zeitraum 2003 bis 2011 auf, als die jährlichen Hochrechnungen besagten.
Große regionale Spannweite bei Leerstandquote
Die im Zensus 2011 erstmals offiziell deutschlandweit erhobene Leerstandsquote variiert auf Länderebene deutlich. Während in Hamburg nur 1,5 Prozent der Wohnungen leer stehen und in Schleswig-Holstein 2,8 Prozent, ist in Sachsen fast jede zehnte Wohnung unbewohnt. Die geringsten Leerstandsraten auf Land- und Stadtkreisebene sind im süddeutschen Raum, vor allem rund um München sowie im nordwestlichen Teil Deutschlands. Dort liegt in vielen Kreisen die Leerstandsquote unter vier Prozent des Bestands. „In diesen Regionen besteht ein Bedarf an Neubauten, wenn dort ein Bevölkerungswachstum erwartet wird“, so Cieleback. Die Kreisgebiete in Ostdeutschland und in der Mitte der Bundesrepublik bieten hingegen genug Wohnraum für die dort lebenden Menschen.
Die neuen Erkenntnisse über die Bevölkerungszahlen in Kombination mit den neuen Zahlen über die Wohneinheiten innerhalb eines Stadt- oder Landkreises führen laut Patrizia zu einer Neubewertung der Marktsituation in zahlreichen deutschen Kreisen. Aus der Sicht eines institutionellen Investors sei diese Neubewertung in machen Fällen positiv, in anderen negativ, weil die Abweichungen der tatsächlichen Bevölkerungszahlen von denen der Hochrechnung nicht korrelieren und häufig in andere Richtungen wirken als die neu ermittelten Zahlen zum Wohnungsbestand. In diesem Fall müssen Investoren abwägen, inwieweit diese Abweichungen ihre individuelle Investmentstrategie beeinträchtigen und die beiden Faktoren entsprechend gewichten. Diese Informationen seien aber auch eine wertvolle Hilfe für die Entwicklung von Investmentstrategien.
portfolio institutionell newsflash 04.11.2013/ Kerstin Bendix
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