Traditionelle Anlagen
3. Dezember 2013

Das Comeback der US-Unternehmen

Nichts ist für die Ewigkeit. Dies gilt auch für die Spitzenpositionen in der Liste der größten Unternehmen der Welt. Die Halbwertszeit an der Spitze ist kurz. Im Laufe der Jahrzehnte wechselten Anleger ihre Favoriten stetig aus. Die Dominanz­ der Asiaten wird seit langem prophezeit. Vorerst haben jedoch erst einmal wieder die USA die Nase vorn.

Gastbeitrag von Christian Kempe 
Im Januar 2011 erfolgte an dieser Stelle im Beitrag „Die größten Unternehmen im Wandel der Zeit“ ein Blick auf mehr als drei Dekaden­ Börsenhistorie. Seit damals sind nicht nur knapp drei Jahre ins Land gegangen, sondern auch ein Favoritenwechsel sowohl in Bezug auf die Branchen als auch auf die Regionen. Vor drei Jahren stellte­ China mit dem Ölimperium Petrochina und den beiden Banken ICBC und China Construction Bank drei der fünf größten Unternehmen weltweit. Die Dominanz asiatischer Unternehmen für das kommende Jahrzehnt schien absehbar. Aber schon der deutsche Philosoph Arthur­ Schopenhauer meinte: „Der Wechsel allein ist das Beständige.“ Und so kam es doch anders. Vor dem Hintergrund der robusten Wertentwicklung des US-Aktienmarktes sowie der schwachen Entwicklung der Schwellenländer in den vergangenen drei Jahren ließ sich ein deutliches Comeback US-amerikanischer Unternehmen beobachten.

Die einstige Dominanz Japans ist passé

Zunächst aber ein Rückblick. In der Grafik sind die gemessen an der Börsenkapitalisierung jeweils 15 größten Unternehmen der Welt zu unterschiedlichen Zeitpunkten dargestellt. Hervorgehoben sind die im jeweiligen Jahr vorherrschenden Länder und Branchen. Die im Zeitablauf deutlichen Verschiebungen im Ranking spiegeln Spekulationsblasen und über Jahre hinweg laufende Kapitalmarktentwicklungen wider. Gegen Ende der 80er Jahre setzte ein regel­rechter Japan-Hype ein. Im Jahr 1990 war die Auffassung verbreitet, Japan würde für immer die dominante Nation bleiben. Zu diesem Zeitpunkt nahm das Land der aufgehenden Sonne die Spitzen­position ein und stellte acht der 15 Topunternehmen, die USA brachte­ es auf „nur“ sechs Topunternehmen. Von der Branchenseite betrachtet­ war im Jahr 1990 der Bankensektor mit fünf Instituten, übrigens alles japanische, stark vertreten. Dann erlebten die Japaner in den 90er Jahren ein Platzen ihrer Blase und einen kontinuierlichen Absturz, von dem sich der Aktienmarkt bis heute nicht erholen konnte.­ Der Nikkei-Index steht derzeit immer noch 62 Prozent tiefer als zum Hochpunkt im Dezember 1989. Im Jahr 2000 schaffte es schließlich nur noch ein japanisches Unternehmen, NTT Docomo, in die Rangliste. Die noch zehn Jahre zuvor im Ranking prominent vertretenen japanischen Banken Industrial Bank of Japan, Fuji Bank, Sakura­ Bank, Sumitomo Mitsui Financial und Dai-Ichi Kangyo Bank mussten ihren Platz im Ranking räumen.

Im Jahr 2000 dominierten US-Unternehmen die Rangliste, die USA war mit zehn Unternehmen prominent vertreten. Zu diesem Zeitpunkt übernahmen vor allem US-Technologieunternehmen, wie Cisco, Microsoft und Intel, aber auch der finnische Konzern Nokia die Spitzenpositionen. Schließlich implodierte die TMT-Blase. Die Auswirkungen sind teilweise heute noch spürbar. Die damals in Deutschland als „Volksaktie“ propagierte Deutsche Telekom notiert heute noch 90 Prozent tiefer als am Hochpunkt im März 2000.

Nachdem die TMT-Blase geplatzt war, bildeten sich erneut Blasen aus, und zwar in den Sektoren Immobilien, Finanzen und Rohstoffen. Diese Übertreibungen mündeten schließlich in die Finanzkrise von 2008/2009. Zunächst platzte die Immobilien-, dann die Finanz- und schließlich die Rohstoffblase. Durch ein massives chinesisches Infrastrukturprogramm im Jahr 2008, aber auch durch deutliche Inter­ventionen seitens der Zentralbanken entkam die Welt der größeren Katastrophe: einer Depression. Die Finanzmärkte stabilisierten sich wieder.

Seit März 2009 verzeichnet der US-Aktienmarkt eine intakte Aktien­marktrallye, die schon bald ihren fünften Geburtstag feiern könnte. In der ersten Phase der Erholung nach der großen Finanzkrise­ profitierten zunächst insbesondere die Schwellenländer. Dies spiegelt sich auch im Ranking der 15 größten Unternehmen der Welt wider. Der chinesische Ölkonzern Petrochina (2. Platz), die beiden Bank­konzerne ICBC (4. Platz) und China Construction Bank (5. Platz) ­sowie China Mobile (8. Platz) und Petrobas (9. Platz) platzierten sich 2010 auf den vordersten Plätzen. Die meisten Topunternehmen ­gehörten jetzt dem Öl- und Gasbereich an, mit Exxon Mobil und Petro­china als die beiden weltgrößten Unternehmen.

Die jüngsten Wachstumssorgen in den ehemals hoch gelobten Schwellenländern, die Rohstoffschwäche sowie die Abwertung von Rohstoffwährungen finden ihren Niederschlag in der Rangliste. Heute­, wo übrigens mit VW das größte deutsche Unternehmen auf Rang 56 steht, sieht das Bild gegenüber der Situation vor etwa drei Jahren drastisch anders aus. Dies zeigt die Grafik. In dieser sind die 15 größten Unternehmen des Jahres 2010 dargestellt,­ und es wird gezeigt, welchen Rang diese Unternehmen heute auf­weisen. Von den 15 größten Unternehmen des Jahres 2010 schafften es nur zehn, in den Top 15 zu bleiben. Im Ranking verbessern konnten­ sich das Erfolgsunternehmen Apple (von Platz 3 auf 1), der Software­riese Microsoft (von Platz 7 auf 5), die von der Börsenlegende Warren Buffett geführte Berkshire Hathaway (von Platz 10 auf 4), der Einzelhandelskonzern Wal Mart Stores (von Platz 11 auf 8) und ganz deutlich auch der Internetdienstleister Google (von Platz 15 auf 3). Gegenüber 2010 mussten dagegen die Gesellschaften China Construction Bank, BHP Billiton, Petrobas, Royal Dutch Shell sowie HSBC Holdings ihren­ Platz unter den Top 15 räumen. Im Jahr 2013 sind nun vor allem wieder US-Technologieunternehmen im Ranking vertreten. Wer hätte gedacht, dass 2013 drei der fünf größten globalen Unternehmen Technologiekonzerne sind? Eine derartige Technologiedominanz gab es nicht einmal 2000, als sich unter den fünf größten Unternehmen der Welt mit Cisco nur ein Technologiewert platzierte.  

Nach der Finanzkrise 2008/2009 kämpften sich zunächst fünf Unternehmen aus den Schwellenländern (Petrochina, ICBC, China Construction Bank, China Mobile und Petrobas) auf die Rangliste. Der Siegeszug der Schwellenländer schien sicher. Seit drei Jahren spüren jedoch die Unternehmen in den Entwicklungsländern einen deutlichen Gegenwind. Heute sind nur noch die drei chinesischen Unternehmen Petrochina, ICBC und China Mobile im Top-15-Ranking verblieben. Im Gegensatz dazu stellen die USA wieder neun von 15 und damit 60 Prozent der größten Unternehmen die Welt. Der Wert aller US-amerikanischen Aktien in Höhe von 20 Billionen US-Dollar umfasst wieder 35 Prozent der globalen Aktienmarktkapitalisierung. Noch 2010 lag der US-Anteil bei unter 30 Prozent. Das Comeback der US-Amerikaner ist beeindruckend. Dass aber sie ihre jetzige globale Vormachtstellung  halten können, darf bezweifelt werden. Demografie­ und langfristige Wachstumsaussichten sprechen für ein Comeback der Schwellenländer.

portfolio institutionell, Ausgabe 10/2013

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