Risikomanagement via Nachhaltigkeits-Ratings
Nachhaltigkeits-Ratings sind ein zuverlässiger Indikator für die Zahlungsfähigkeit von Staaten, wie eine neue Studie zeigt. Die Nestlé-Pensionskasse will diese künftig als Tool im Risikomanagement nutzen. Für 70 Prozent der deutschen Altersvorsorger ist nachhaltige Geldanlage aber noch kein Thema.
In den USA führen die Demokraten und Republikaner derzeit ein Chicken Game auf. Ohne zu bremsen, rasen die beiden Protagonisten auf die fiskalische Klippe zu. Die großen Rating-Agenturen zeigen sich ob der drohenden Zahlungsunfähigkeit bisher recht gelassen und halten unbeirrt an ihren hohen Ratings der USA fest. Lediglich Fitch hat sich zumindest dazu durchgerungen, den Ausblick auf negativ zu stellen. Ganz anders schneidet die USA hingegen in den Länder-Ratings von Oekom Research ab. Seit vielen Jahren erhält es eine schlechte Bewertung und rangiert weit hinter den aus Nachhaltigkeitssicht zu empfehlenden Ländern. Welchem dieser Ratings Investoren eher Glauben schenken sollten, zeigt die neue Studie „Sovereign Bonds and Sustainable Culture“ der Henley Business School sowie der Universität Hohenheim und St. Andrews. Das Ergebnis: Nachhaltigkeits-Ratings sind ein zuverlässiger Indikator für die Zahlungsfähigkeit von Staaten und erlauben eine insgesamt bessere Risikoeinschätzung.
Ein Beispiel der jüngeren Vergangenheit ist Griechenland. Der Schuldenschnitt im März 2012 hat viele institutionelle Investoren getroffen. Durch die Neubewertung der Anleihen verloren sie nominal 53,5 Prozent ihrer Forderungen. Durch die faktisch niedrigeren Zinssätze der neuen Papiere lag der finanzielle Verlust sogar noch höher. Investoren, die sich bei ihrer Anlageentscheidung bei Staatsanleihen an Nachhaltigkeits-Ratings, wie denen von Oekom Research orientiert haben, waren hiervon nicht betroffen. Denn Oekom Research hatte Griechenland bereits schlechte Bewertungen im Nachhaltigkeitsrating gegeben, als die konventionellen Rating-Agenturen hier noch Noten im A-Bereich verteilt haben.
Laut der neuen Studie war das kein Zufall. Vielmehr gebe es einen belegbaren Zusammenhang zwischen dem Risiko des Zahlungsausfalles eines Landes und dessen Nachhaltigkeitskultur. Dr. Andreas G. F. Hoepner, Leiter der Studie, ordnet die Ergebnisse der Analyse ein: „Die Studie zeigt, dass eine ausgeprägte Nachhaltigkeitskultur gemessen am Länder-Rating von Oekom Research das Risiko des Zahlungsausfalls signifikant reduziert. Sie bestätigt damit die Bedeutung von Nachhaltigkeits-Ratings bei der Risikobestimmung von Staatsanleihen. Die Ergebnisse der Analyse belegen, dass für einen langfristig orientierten Investor die Einbeziehung von Länder-Nachhaltigkeits-Ratings zur Risikobestimmung finanziell von Vorteil ist.“ Die Projektmitarbeiterin Agnes Neher ergänzt: „Aus der Kombination von konventionellen Finanzinformationen mit Nachhaltigkeits-Ratings ergibt sich insgesamt eine bessere Einschätzung zur langfristigen Zahlungsfähigkeit und damit zum Risiko von Staatsanleihen.“
Nachhaltige Aufforderung an Pensionskassen
Als Tool für das Risikomanagement will künftig auch die Nestlé-Pensionskasse die Nachhaltigkeits-Ratings von Oekom Research nutzen. Der deutsche Nestlé-Personalvorstand Peter Hadasch ist überzeugt, dass damit die Risiken, die sich aus der sozialen und ökologischen Performance von Unternehmen und Ländern ergeben, besser identifiziert werden können. Für 70 Prozent der deutschen Pensionskassen und Pensionsfonds sind nachhaltige Geldanlagen aber noch kein Thema, beziehungsweise der Wissensstand dazu ist eher gering, so Prof. Henry Schäfer von der Universität Stuttgart. Warum dem so ist, versuchte Schäfer auf dem Forum „Altersvorsorge mit Nachhaltigkeit“ des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zu beantworten. Ein Grund sei der Mangel an qualifizierter Beratung, die die praktischen Anforderungen individueller Asset-Management-Konzepte mit den Potenzialen nachhaltiger Kapitalanlage verbindet. Jüngste Forschungsergebnisse stützen jedoch die Eignung von Socially Responsible Investings (SRI) auch oder gerade für die nach wie vor sehr konservativ anlegenden Pensionskassen.
Schäfer stellte auf dem DIA-Forum die Resultate von Simulationsrechnungen vor, mit denen ein Multi-Asset-Management-System in einem Stufenprozess implementiert wurde. In einem ersten Schritt wurde das Nachhaltigkeitsleitbild innerhalb der liquiden Assets, die 80 bis 90 Prozent des Gesamtportfolios ausmachen, übertragen, ohne die Struktur des Portfolios grundlegend zu verändern. Die Länder-, Sektoren- und Asset-Gewichtungen blieben demnach weitgehend bestehen. In einem zweiten Schritt erfolgte dann der Aufbau alternativer Kapitalanlagen bis zur maximal erlaubten Grenze laut VAG und Anlagenverordnung. Mit Sensitivitätsanalysen, die sich daran anschlossen, wurde dann die optimale Portfolioallokation bestimmt. Das Ergebnis dieser Simulationen: Das SRI-Portfolio erzielte gegenüber der konventionellen Anlagestrategie sowohl im Rendite- als auch im Risikobereich bessere Ergebnisse. In einer Union-Umfrage aus dem Frühjahr verbanden nur 38 Prozent der Teilnehmer mit Nachhaltigkeit bessere Renditen und nur 50 Prozent eine Optimierung des Risikomanagements. Nachhaltige Geldanlagen können außerdem gezielt eingesetzt werden, so Schäfer, damit große Kapitalverwalter in der bAV ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung gerecht werden. Außerdem bieten sie Chancen, für neue, aktive Kapitalanlagestrategien. Darüber hinaus sei es damit möglich, drohenden Regulierungsdruck abzuwenden.
portfolio institutionell newsflash 16.10.2013/Patrick Eisele, Klaus Morgenstern, Kerstin Bendix
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