Pension Management
14. Oktober 2013

In der bAV liegt viel Potenzial brach

Ein möglicher Weg, um dieses Potenzial zu heben, sind Opting-out-Lösungen. Unternehmen zeigen sich offen dafür. Auch die neue Bundesregierung muss sich die Betriebsrente auf die Agenda nehmen, so Metallrente-Geschäftsführer Heribert Karch.

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) hat in den vergangenen Jahren durchaus Fortschritte bei ihrer Verbreitung erzielt. Sie ist allerdings längst noch nicht dort, wo man eigentlich damit hin will. Das verrät allein ein Blick auf den aktuellen Alterssicherungsbericht der Bundesregierung. Laut diesem nutzt nur ein Viertel der Arbeitnehmer die Möglichkeit, einen Teil ihrer Bezüge für die Altersversorgung aufzuwenden. Auch Felix Hufeld, Exekutivdirektor für Versicherungsaufsicht der Bafin, räumte kürzlich im Interview mit dem Online-Branchendienst „Leiter-baV.de“ ein, dass die Rolle der bAV als eigenständige, kollektive und verhältnismäßig krisenfeste Sozialleistung der deutschen Industrie noch nicht überall wahrgenommen wird. „Die bAV bietet aber auch noch gehöriges Potenzial, das es zur Sicherstellung einer angemessenen Altersversorgung möglichst auszuschöpfen gilt“, so Hufeld.
„Die Einführung eines Obligatoriums für die bAV würde deren Verbreitung natürlich fördern“, so der oberste deutsche Versicherungsaufseher. „Entscheidungen zur Altersversorgung sind aber von vielen individuellen Faktoren abhängig, so dass starke staatliche Vorgaben als nachteilig empfunden werden könnten“, gab Hufeld zu bedenken. „Ein Opting-Out könnte demgegenüber ein sinnvolles Modell sein, um einerseits die Verbreitung der bAV zu fördern, andererseits aber auch eine gewisse Entscheidungsfreiheit zu wahren“, erklärte Hufeld gegenüber Leiter-baV.de. Letztlich sei das aber eine Frage, die die Politik demnächst entscheiden müsse.
Opting-out: Unternehmen zeigen sich aufgeschlossen 
 
In den Unternehmen scheint die Idee von Opting-out offenbar gut anzukommen. Dies lässt sich  zumindest aus einer Umfrage unter den 200 Teilnehmern der bAV-Konferenz von Towers Watson schließen, die Mitte Oktober in Frankfurt stattfand.  Rund 60 Prozent gaben an, sich die Einführung von betrieblichen Opting-out-Lösungen vorstellen zu können. Allerdings seien hierfür unternehmensspezifische Lösungen erforderlich, wie Dr. Thomas Jasper, Leiter der bAV-Beratung bei Towers Watson Deutschland anmerkte. „Ein Modell, das Mittelständler und Dax-Konzerne, Facharbeiter und Vorstandschefs in dasselbe Korsett zwingt, passt im Ergebnis niemandem. Die ergänzende Altersvorsorge lebt davon, dass Menschen je nach Lebenssituation und Bedarf wählen können, wann und wie viel sie ansparen“, so Jasper. Darüber hinaus mindere eine obligatorische Pauschallösung das Interesse der Unternehmen an der bAV. „Wenn alle Wettbewerber zwangsläufig das gleiche anbieten, wäre ein guter Pensionsplan im ‚war for talents‘ kein Vorteil mehr“, fügte er hinzu.
Nach den Folgen der Niedrigzinspolitik für die Betriebsrente befragt, sagte Bafin-Mann Hufeld: „Aus meiner Sicht sind die Zeiten üppiger Überschussbeteiligung zunächst einmal vorbei. Die Stärkung der Sicherheitsmargen hat eindeutig Vorrang, um so sicherzustellen, dass die Unternehmen die zugesagten Leistungen auch langfristig erbringen können."
Nachhaltige Verbreitung der bAV klappt nur mit breiterer und aktiver Teilnahme der Sozialpartner, hatte erst kürzlich Heribert Karch angemerkt. „Dies muss auch der Gesetzgeber berücksichtigen“, so Karch, Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (Aba) und Geschäftsführer des Versorgungswerks Metallrente. Die Aba will kurzfristig einen „Runden Tisch pro bAV“ mit den Tarif- und Sozialpartnern unterschiedlichster Branchen organisieren.
Auf der bAV-Konferenz von Towers Watson Mitte Oktober bekräftigte Karch nochmals seine Forderung. In Richtung den Parteien, die derzeit über Koalitionen verhandeln, sagte er: „Die Betriebsrente gehört ganz oben auf die To-Do-Liste einer neuen Bundesregierung. Bereits in die Koalitionsvereinbarung gehört ein deutliches und unmissverständliches Bekenntnis zum effizientesten System der kapitalgedeckten Altersversorgung.“ Laut Karch gibt es in Deutschland in Sachen Betriebsrente noch viel zu tun. „Die neue Koalition muss den Reformstau abbauen und unerledigte Projekte schnellstens angehen. Das Betriebsrentenrecht muss entschlackt werden, Betriebsrenten müssen wieder leichter administrierbar werden und die Rahmenbedingungen müssen dem Niedrigzinsumfeld angepasst werden.“ Die mangelnde Verbreitung der Betriebsrente ist dabei kein reines KMU-Problem. Die „neue“ Betriebsrente, deren Regeln inzwischen seit über zehn Jahren gelten, sei genauso wenig in Großunternehmen angekommen. Es brauche eine Verbreitungsinitiative.
portfolio institutionell newsflash 14.10.2013/Detlef Pohl und Kerstin Bendix
 

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