Schwarzer Schwan
10. Januar 2013

Anstandswauwau GDV

Der Dachverband der deutschen Versicherungsunternehmen will Strukturvertriebler und Wirtschaftsprüfer gemeinsam auf Vergnügungstour schicken.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat genug. Genug von den geheimen Herrenausflügen der erfolgreichsten Vertriebstruppen, bei denen schon mal ein erquickender Besuch der Mischsauna auf dem Programm steht. Mehr noch: Der Verband unter Führung von Dr. Alexander Erdland hat auch keine Lust mehr auf Makler, die nur auf Provisionen und Incentives schielen. Im Kreuzfeuer stehen auch jene Zeitgenossen, die auf Weiterbildung pfeifen.
Vor diesem Hintergrund hat die Mitgliederversammlung des GDV nun beschlossen, den seit 2010 bestehenden Verhaltenskodex für den Vertrieb zu verschärfen. Mit dem neuen Reglement soll der „hohe Anspruch, den die Versicherungswirtschaft an eine gute, faire Beratung hat“, besiegelt werden. Und so setzt der überarbeitete Verhaltenskodex neue Schwerpunkte auf Compliance sowie Weiterbildung der Vertriebsmannschaften. Mit dem Beitritt zum neuen Kodex verpflichten sich die Unternehmen, ihren Mitarbeitern und Vermittlern Compliance-Vorschriften zu geben, die neben ethischen sogar moralische Grundsätze umfassen. Darüber hinaus sollen auch klare Regeln für Unternehmensveranstaltungen kodifiziert werden. Soll heißen, die Weihnachtsfeier ist künftig der einzige Event, der aus dem Ruder laufen darf. Bei sämtlichen anderen Veranstaltungen muss es dagegen bis zum Morgengrauen gesittet zugehen. Um die Sache auf den Punkt zu bringen: Schluss mit Lustreisen!
Spaßbremsen im Anmarsch
Damit die neuen Vorschriften ihre volle Wirkung auch entfalten können, lassen sich die Versicherungsunternehmen, die den Kodex als für sich verbindlich anerkennen, alle zwei Jahre von einem Wirtschaftsprüfer ins Gebet nehmen. Nach Angaben des Versicherungsverbandes kann sich die Prüfung auf die Angemessenheit oder auf die Wirksamkeit beziehen – ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Ein Gegenstand der Feststellung besteht praktisch darin, ob das Versicherungsunternehmen die Regelungen – im Falle der Wirksamkeitsprüfung – auch praktiziert. Angesichts einer solch schwammigen Formulierung halten wir es für möglich, dass es auch zu Vor-Ort-Prüfungen kommen wird. So ein Testat ist schließlich etwas ganz Besonderes.
Fazit: Wir meinen, mit dem überarbeiteten Kodex beschneidet sich die Versicherungsbranche ihrer besten Nachwuchskräfte. Mutmaßlich findet der Berufszweig in Zukunft noch schwerer Mitarbeiter, als das bislang der Fall ist. Nun, da selbst der Besuch einer halböffentlichen Sauna in einem osteuropäischen Land missbilligt wird, droht dem Sektor auch der letzte Bewerber verlustig zu gehen. Denn wo bleibt da der Spaß bei der Arbeit?
Doch einen Lichtblick gibt es zumindest für jene Versicherungsagenten, die wenigstens noch einmal  so richtig auf die Pauke hauen wollen: Die Unternehmen haben noch bis zum 1. Juli 2013 Zeit, dem neuen Kodex beizutreten. Bleiben demnach volle sieben Monate für Ausschweifungen aller Art. Aber danach sind Ethik und  Moral angesagt. Und Weiterbildungen. Und dann steht bestimmt auch der Kunde im Mittelpunkt.
Die Redaktion von portfolio institutionell wünscht Ihnen ein schönes Wochenende.
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