Schwarzer Schwan
25. Mai 2012

Auf der Flucht vor dem Bundestag

Lesen Sie in dieser Ausgabe des Schwarzen Schwan der Woche, wie es einem ehemaligen Bankvorstand gelang, seine Weggefährten und die Abgeordneten des Deutschen Bundestages zu narren.

Wie sieht der typische Lebenslauf eines ambitionierten Angestellten in der hiesigen Investmentbranche aus? Trainee-Ausbildung bei der örtlichen Bank oder Sparkasse? Natürlich. Denn so lernt man das Business von der Pike auf. Anschließendes Jura-, BWL- oder VWL-Studium – angereichert mit ein paar Praktika bei angesehenen Instituten im Ausland? Schaden kann es jedenfalls nicht! Und schon steht einer Karriere nichts mehr im Weg. 
Apropos Karriere, deren Ausprägungen gestalten sich von Person zu Person so unterschiedlich, wie die Renditeziele privater und öffentlicher Finanzinstitute. Doch was genau verbirgt sich eigentlich hinter dem Wort „Karriere“? Bei Wikipedia heißt es dazu: „Die Karriere oder berufliche Laufbahn ist die persönliche Laufbahn eines Menschen in seinem Berufsleben. Umgangssprachlich wird der Begriff Karriere dabei häufig verbunden mit der Veränderung von Qualifikation und Dienststellung sowie sozialem Aufstieg und damit Intragenerationenmobilität, durch die sich auch die Zugehörigkeit zu einer sozialen Schicht ändern kann.“ Intragenerationenmobilität? Nie gehört! Zum Glück gibt‘s Wikipedia, der Brockhaus liegt schließlich im Altpapier: „Die Intragenerationenmobilität erfolgt innerhalb eines Menschenlebens. Zu ihr gehört eine Änderung der sozialen Stellung einer Person durch Ausbildung, durch Beförderung, oft auch durch Erbschaft oder durch wirtschaftliche Strukturveränderungen (etwa durch Schließung von Kohlengruben und Übergang in Ersatz-Erwerbszweige); dies ist nicht selten verbunden mit räumlicher Mobilität.“ Kurzum, heute hier morgen dort.
In der hiesigen Bankenlandschaft finden sich einige Beispiele wirtschaftlicher Strukturveränderungen, man denke nur an die Finanzhäuser, die in jüngster Zeit durch staatlich gewünschte Übernahmen vom Markt verschwunden sind. Sind das etwa die „Kohlegruben“, auf die sich die Autoren von Wikipedia beziehen? Wohl eher nicht!
Bruckermann, bitte melden!
Welche persönlichen Schicksale mit der Konsolidierung in der Bankenlandschaft einhergehen, fragen Sie? Nehmen Sie zum Beispiel Gerhard Bruckermann. Er gilt als einer der Hauptschuldigen für das Desaster der Hypo Real Estate. Als damaliger Vorstandschef verkaufte er 2007 die in Dublin ansässige Depfa Bank an die Hypo Real Estate, und mit ihr die Risiken, die zum Fall der HRE beigetragen haben. Presseberichten zufolge hat er sich mit dem Verkauf von Depfa-Aktien im Umfang von über 100 Millionen Euro eine goldene Nase verdient, um dann flux von der Bildfläche zu verschwinden. Spekulationen, er verdinge sich in Andalusien als Orangenzüchter, sind im Sande verlaufen. Wäre auch zu schön gewesen, so ein Orangenzüchter mit Bankausbildung. Selbst der Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Desaster bei der Hypo Real Estate, der den ehemaligen Depfa-Chef 2009 als Zeugen vorladen wollte, bekam ihn nicht zu fassen: Die Abgeordneten konnten schlichtweg keinen Wohnort ausfindig machen. Dass es auch anders geht, zeigt der ehemalige Hypo-Real-Chef Georg Funke. Sein Aufenthaltsort ist bekannt. Er lebt auf Mallorca und verdingt sich als Immobilienmakler.
Doch zurück zu Gerhard Bruckermann. Bis auf ein Foto im Internet, das ihn vor zwei Jahren braungebrannt mit seiner Frau bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Florida zeigt, haben die fleißigen Rechercheure der hiesigen Zeitungslandschaft keine nennenswerten Indizien zu seinem Aufenthaltsort gefunden. Um die Intragenerationenmobilität noch einmal zu bemühen: Offenbar haben er und seine amerikanische Ehefrau ihre soziale Stellung verändert. Das belegt der Kauf einer Luxusvilla in Florida im Wert von 3,5 Millionen Dollar, die man allerdings zwischenzeitlich schon wieder abgestoßen hat. „Typisch Banker“, möchte man jauchzen. Jetzt verkaufen Sie schon ihre Häuser so eilfertig, als wären es Zockerpapiere. Ist Bruckermann nun etwa auch als Makler aktiv? Mag sein. Möglicherweise lebt das Pärchen aber einfach auf einer schicken Yacht und zelebriert die räumliche Mobilität.
Die Bruckermanns und portfolio wünschen ihnen ein sonniges Pfingstwochenende. 
Eine Bitte noch! Hinweise auf den Aufenthaltsort von Herrn B. richten Sie bitte vertraulich an portfolio.
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