Schwarzer Schwan
4. Mai 2012
Die Gouvernante und die Governance
Lesen Sie in dieser Ausgabe des Schwarzen Schwan der Woche, wie sich Prof. Dr. Ferdinand Piëch um die Frauenquote und Betriebsgrößenvorteile im Aufsichtsrat von VW verdient gemacht hat.
Die Vorteile familiengeführter Gesellschaften gegenüber anderen Unternehmensformen kann Volkswagen nun noch konsequenter als in der Vergangenheit nutzen. Dadurch, dass Piëch seine Gattin Ursula in den VW-Aufsichtsrat wählen ließ, untermauerte er nicht nur seinen Ruf als wandelndes Corporate-Governance-Schreckgespenst, sondern auch als Über-Ingenieur. Denn VW winken mit der Wahl nun eine Vielzahl der gerade in der Automobilbranche so wichtigen Synergieeffekte.
Wenn das Ehepaar Piëch zu Aufsichtsratssitzungen anreist, fallen schließlich nur einmalig Fahrtkosten an. Hier gibt VW ein schönes Beispiel von nachhaltiger Mobilität. Auch bei den Übernachtungskosten bestehen Einsparpotenziale. Mit ihrer innovativen Vorgehensweise lassen sich mal eben die Kosten für die nicht nur regional ausschweifenden Lustreisen von VW-Betriebsräten zumindest etwas kompensieren.
Trotzdem dürfte die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat von der Personalie weniger erbaut sein. Nach allem was in der Vergangenheit zu lesen war, dürfte den Herren schließlich eine 25-jährige Aufsichtsrätin lieber sein als eine 55-jährige. Außerdem ist zu befürchten, dass sich – natürlich nur rein theoretisch – das Ehepaar schon vor den Sitzungen des Aufsichtsgremiums über Punkte der Tagesordnung austauscht. Vielleicht spricht sich Frau Piëch vorab aber auch nur mit den anderen beiden Damen im Aufsichtsrat darüber ab, welches Kostüm zur nächsten Sitzung angesagt ist?
Gleichwohl dürften aus Sicht des gesamten Aufsichtsrats die Vorteile des Einzugs der fachlich unbelasteten „Kindergärtnerin und Horterzieherin mit zusätzlichem Prüfungsfach Wirtschaft und Recht (derzeit kein ausgeübter Beruf)“ überwiegen, da offenbar die Streitkultur im Aufsichtsrat die Moderationstalente einer Pädagogin benötigt. Außerdem kann „Frau“ aus Sicht der anderen Aufsichtsräte sicher auch Plätzchen backen und saubermachen. Bleibt nur zu wünschen, dass die kritischen Stimmen für immer verstummen, die das Wort „Aufsichtsrat“ als ein Wortspiel betrachten, dass sich von „Aufsicht“ und „raten“ ableitet.
Nachdem auch die Kapitaleigner aus dem Emirat Katar der Personalie zugestimmt haben, war der Weg auf jeden Fall frei. Das Emirat gilt schon lange als fortschrittlich und sieht prinzipiell kein Problem in Frauen im Aufsichtsrat – vor allem nicht, wenn diese von einem älteren Bruder oder in diesem Fall vom Ehemann beaufsichtigt werden. Eine knifflige Frage würde allerdings entstehen, wenn ein Vertreter der Kapitalseite mit einem Arbeitnehmervertreter liiert wäre. Wäre dann die deutsche Mitbestimmung ausgehebelt? Das Aktienrecht gibt hierzu leider keine Auskunft.
Die Piëchs und portfolio wünschen Ihnen ein schönes Wochenende im Kreise Ihrer Liebsten.
Autoren:
portfolio institutionell
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