ETF: Das Kostenargument ist von untergeordneter Bedeutung
Indexinvestments gewinnen an Relevanz. Um die verschiedenen Anlageklassen kostengünstig abzubilden, werden börsengehandelte Fonds oder Exchange Traded Funds (ETF) eingesetzt. Bei der Entscheidung über den Einsatz von ETF sind für institutionelle Anleger andere Aspekte als die Kosten relevanter.
In der Fachpresse wird nicht selten darauf hingewiesen, dass das ETF-Geschäft zu etwa 90 Prozent institutionell sei und dass die Mehrheit der institutionellen Investoren ETF im Rahmen ihrer Asset Allocation umfangreich einsetzen. „Grundsätzlich ist es schwer, das tatsächliche Investorenverhalten in ETF nachzuvollziehen, weil es dazu keine öffentlich zugängliche Statistik gibt“, sagt Ali Masarwah von Morningstar Deutschland. Es gebe Schätzungen und Hochrechnungen, dass Privatanleger nur etwa drei Prozent des europäischen ETF-Marktes ausmachen. Das entspreche auch einer Prognose der Deutschen Bank, wonach sich der Anteil privater Investoren per Ende 2011 auf rund 2,7 Prozent belaufe. Damit scheint sich zwar die Prognose vieler Experten zu bestätigen, dass das ETF-Geschäft nahezu in der Hand von Profis ist, jedoch nicht die viel verbreitete Aussage, dass die Mehrheit dieser Investorengruppe auch breit in ETF investiert sei. Denn eine Umfrage von Funds@Work AG im Jahr 2008 hat ergeben, das ETF bei Institutionellen längst nicht so verbreitet sind wie gerne behauptet und noch häufiger suggeriert wird. Das gelte vor allem für Corporates und ihre Vorsorgevehikel. Auch eine Studie des Steinbeiß Research Center for Financial Services aus dem gleichen Jahr kommt zu dem Schluss, dass ETF nur eine geringe Gewichtung in den Portfolios der meisten institutionellen Investoren aufweisen. Die Gründe dafür lägen unter anderem in dem hohen Aufwand, das Anlagekomitee von diesem Vehikel zu überzeugen, und der Tatsache, dass der marktkapitalisierte Index nicht dem optimalen Marktportfolio entspreche. Treffen diese Aussagen heute auch noch zu, oder hat sich das Investorenverhalten seitdem deutlich geändert?
Bei einer Umfrage von Morningstar unter britischen Investoren Ende 2011 gaben 44 Prozent der befragten Teilnehmer an, dass zwischen fünf und 19 Prozent der verwalteten Vermögen in ETF investiert werden, während 29 Prozent der professionellen Anleger weniger als fünf Prozent der Assets in ETF anlegen. Diese Zahlen korrespondieren weitgehend mit den Antworten privater Investoren (37 Prozent beziehungsweise 24 Prozent). Zum großen Teil werden ETF genutzt, um Aktienindizes nachzubilden (breit diversifizierte Indizes, länderspezifische und sektorspezifische Aktien). Rentenindizes werden hingegen nur im geringen Umfang mit ETF nachgebildet.
Deutsche institutionelle Investoren hingegen sind im Vergleich zu den UK-Anlegern stärker in ETF investiert, das ergab die Umfrage aus dem Januar 2012 der Rating-Agentur. Derzufolge legen 34 Prozent der befragten professionellen Investoren immerhin 20 bis 49 Prozent der verwalteten Assets in ETF an, 25 Prozent sogar mehr als 50 Prozent des Vermögens. Allerdings zählt Morningstar auch Vermögensverwalter zu den professionellen Investoren. Ähnlich wie die britischen Anleger wird der Großteil des in ETF verwalteten Vermögens in traditionelle, breite Aktienindizes sowie in länder- und sektorspezifische Aktien (56 Prozent der Assets) investiert. Dagegen wird nur rund 15 Prozent des ETF-Vermögens in Anleihen angelegt. Diese Umfragen lassen zwar den Schluss zu, dass ETF sowohl in der institutionellen als auch privaten Anlegerschaft inzwischen stärker verbreitet sind als im Jahr 2008. Offenbar gibt es jedoch deutliche internationale Unterschiede, was die Gewichtung von ETF in den Portfolien professioneller Investoren angeht.
Inwiefern professionelle Investoren ETF einsetzen, hängt auch stark von der Institution ab. Hier stellt sich die Frage, ob ETF als Core, Satellite oder Trading-Position genutzt werden. Laut Peter Scharl, Head of Institutional Sales bei I-Shares werden ETF bei Asset-Management-Kunden in allen Bereichen, je nach Einsatzgebiet und Anlageziel genutzt. Unternehmenskunden würden ETF hauptsächlich für Investments in Core-Benchmarks, aber auch zur Diversifizierung eines bestehenden Portfolios über ETF-Satelliten einsetzen. Während auf der Aktivseite Produkte auf Standardindizes wie Dax, Euro Stoxx 50, S&P 500 und MSCI Emerging Markets im Vordergrund stehen, sind es im Rentenbereich ETF auf deutsche Staatsanleihen, beispielsweise aus der Eb-Rexx-Familie, sowie auf Unternehmensanleihen. Bei Unternehmensanleihen sind es aktuell vor allem solche, die Finanzwerte ausklammern. Scharl weist zudem darauf hin, dass ETF auch gerne im Rahmen des Transition-Managements, also für das vorübergehende „Parken“ von Assets während eines Wechsels zu einem anderen aktiven Manager verwendet werden. Um nicht an Anlagegrenzen zu stoßen, bevorzugen institutionelle Anleger zumeist großvolumige Produkte.
Auch bei Allianz Global Investors kommen bei der Umsetzung von Anlagestrategien für institutionelle Investoren Indexfonds zum Einsatz, wenn damit die Ziele ihrer Kunden besser erreicht werden können. Das könne entweder auf expliziten Wunsch des Kunden erfolgen oder wenn die hauseigene Analyse ergibt, dass sich ein bestimmtes Marktsegment am effizientesten damit abbilden lässt, teilt der Fondsmanager mit. In der Praxis bedeutet dies, dass Exchange Traded Funds in erster Linie für Satellite-Investments infrage kommen, wo nur ein limitiertes und qualitativ nicht überzeugendes Angebot aktiv gemanagter Strategien existiert und Derivate mangels Angebot nicht infrage kommen. Ein Beispiel sind die FrontierMärkte.
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