Recht, Steuer & IT
8. April 2025

„Entscheidend ist die Qualität der zugrunde liegenden Daten“

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird das Aktienresearch in den kommenden Jahren verändern, wie eine Umfrage der DVFA zeigt. Der Mensch bleibt trotz KI aber unersetzlich.

Die rasante Entwicklung Künstlicher Intelligenz (KI) wirft nach Einschätzung der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) zunehmend die Frage auf, inwiefern diese Technologien bestehende Prozesse im Finanzsektor verändern werden – insbesondere im Bereich des Aktienresearchs. Eine aktuelle Umfrage unter ihren 1.400 Mitgliedern zeichnet ein differenziertes Bild, das Chancen wie auch Herausforderungen beim Einsatz von KI im Research beleuchtet.

Danach gefragt, ob KI traditionelle Aktienanalyse-Methoden in den kommenden fünf bis zehn Jahren ersetzen könnte, brachte ein klares Meinungsbild hervor: Ein vollständiger Ersatz menschlicher Analysten durch KI wird von den Befragten nicht erwartet. Keiner der Teilnehmer sieht das Research als obsolet an. Stattdessen halten 49 Prozent es für wahrscheinlich, „dass KI einen erheblichen Anteil des Research-Prozesses automatisiert und menschliche Analysten sich auf strategische, nicht automatisierbare Aufgaben fokussieren“.

Weitere 49 Prozent der befragten Finanzmarktprofis sehen KI primär als unterstützendes Werkzeug, „das die Expertise des Menschen ergänzt, jedoch nicht ablöst“. Nur zwei Prozent gehen von einem geringen Einfluss der Technologie aus.

Großes Potenzial in der automatisierten Datenverarbeitung

Besonders großes Potenzial wird der Künstlichen Intelligenz bei der automatisierten Datenverarbeitung im Rahmen der Fundamentalanalyse zugesprochen. 48 Prozent der Befragten sehen hier die größte Wirksamkeit. Weitere 31 Prozent verorten die Stärken der Technologie in der Sentiment- und Marktdatenanalyse, etwa bei der Erkennung von Marktstimmungen und Mustern in Echtzeit.

Auch im Bereich quantitativer Handelsstrategien sehen 17 Prozent eine sinnvolle Anwendung. Nur vier Prozent halten den KI-Einsatz in diesem Umfeld für kaum zielführend.

Ein nachhaltiger Wettbewerbsvorteil durch KI-gestütztes Research wird von der Mehrheit der Befragten für wahrscheinlich gehalten, jedoch nicht im Alleingang. 65 Prozent sehen einen Mehrwert insbesondere in der Kombination von Algorithmen und menschlicher Expertise.

17 Prozent erwarten sogar eine Überlegenheit von KI in puncto Geschwindigkeit, Präzision und Effizienz. Demgegenüber stehen 15 Prozent, die langfristige Investmententscheidungen weiterhin als dominiert durch menschliches Urteilsvermögen sehen.

Risiko von Fehlinformationen

Trotz des hohen Potenzials sehen die Befragten verschiedene Limitationen. 35 Prozent bewerten das Risiko von Fehlinformationen durch verzerrte oder unvollständige Trainingsdaten als größte Herausforderung. 33 Prozent heben die Schwierigkeiten bei der Interpretation qualitativer Faktoren wie Unternehmensführung oder Marktdynamik hervor, während 30 Prozent mangelnde Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse kritisieren.

Künstliche Intelligenz wird das Aktienresearch nach Einschätzung der DVFA in den kommenden Jahren verändern, jedoch nicht durch einen radikalen Bruch, sondern durch eine schrittweise Transformation. Die Integration von KI-Systemen werde vor allem die Effizienz steigern, Standardprozesse automatisieren und neue Erkenntnismöglichkeiten eröffnen.

Dennoch bleibe der Mensch als Interpret, Entscheider und ethischer Kompass unersetzlich. Der Schlüssel zum Erfolg liege in einer symbiotischen Verbindung von Technologie und menschlicher Urteilskraft.

KI-gestützten Analysen helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen

„Es ist wichtig, Risiken zu erkennen und geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Gefahren von KI im Finanzresearch zu ergreifen, während man die Vorteile nutzt. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen menschlicher Expertise und KI-gestützten Analysen kann jedoch helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen“, meint Thorsten Müller, Vorstandsvorsitzender der DVFA.

„Ethische Fragen spielen neben der Regulatorik eine wichtige Rolle. So können KI-Modelle unbeabsichtigte Vorurteile, Bias, aufweisen, die aus den Trainingsdaten stammen. Dies kann in diskriminierende Beurteilungen münden, die nicht nur unethisch sind, sondern auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.“

Peter Thilo Hasler, DVFA-Vorstandsmitglied und Experte auf dem Gebiet, ergänzt: „Entscheidend ist die Qualität der zugrunde liegenden Daten, denn mit ihnen steigt oder fällt der Wert der Vorhersage. Die zugrundeliegenden, auf Deep Learning basierenden Algorithmen sind zudem eine Blackbox und deuten auf einen bemerkenswerten Mangel an Transparenz. Zu wenig besprochen wird ebenso die Möglichkeit der Marktverzerrung aufgrund ähnlicher Algorithmen.“

Großanleger nutzen vermehrt technologische Innovationen

Institutionelle Investoren investieren verstärkt in technologische Anwendungen rund um die KI. Es geht um Echtzeit-Risikoüberwachung, fortschrittliche Markttrend-Prognosen und effizientes Portfolio-Rebalancing, wie die Ergebnisse einer Umfrage von PWC zeigen.

Autoren:

Schlagworte:

In Verbindung stehende Artikel:

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert