Immobilien
13. Mai 2024

Wie Immobilienfondsmanager den „Ketchup-Flaschen-Effekt“ vermeiden

Die Investition in Immobilienfonds ist eine komplexe Angelegenheit, die von verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Besonders in Zeiten der Zinswende, wie sie sich seit dem ersten Quartal 2022 abzeichnet, werden die Herausforderungen für Immobilieninvestoren deutlich sichtbar.

In Deutschland und Luxemburg werden Immobilienfonds gemäß den lokalen Bewertungsgesetzen bewertet. Obwohl beide Länder ähnliche Bewertungsprinzipien verwenden, gibt es dennoch Unterschiede in den spezifischen Regelungen und Vorschriften.

Deutsches Bewertungsgesetz

In Deutschland regelt das Bewertungsgesetz (BewG) die Bewertung von Immobilien und anderen Vermögensgegenständen. Das BewG legt die Bewertungsgrundsätze fest und regelt die Methoden zur Ermittlung des Verkehrswerts von Immobilien. Der Verkehrswert ist der Betrag, der zum Bewertungszeitpunkt im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden kann. Das BewG sieht verschiedene Bewertungsverfahren vor, darunter das Vergleichswertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Sachwertverfahren. Diese Verfahren können je nach Art und Nutzung der Immobilie angewendet werden. Das Ertragswertverfahren ist dabei besonders relevant für die Bewertung von Immobilienfonds, da es die künftigen Erträge der Immobilie berücksichtigt. Darüber hinaus gibt es spezifische Regelungen für die Bewertung von Immobilienfonds und deren Portfolios. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) überwacht und reguliert die Bewertung von Immobilienfonds in Deutschland, um sicherzustellen, dass die Bewertungen fair und transparent sind und den Anlegern genaue Informationen über die Wertentwicklung ihrer Investitionen bieten.

Luxemburgisches Bewertungsgesetz

In Luxemburg regelt das Gesetz vom 19. Mai 2017 die Bewertung von Vermögenswerten, einschließlich Immobilien. Dieses Gesetz legt ähnliche Bewertungsgrundsätze fest wie das deutsche BewG und bestimmt die Methoden zur Ermittlung des Verkehrswerts von Immobilien. Die Bewertung von Immobilienfonds in Luxemburg erfolgt in Übereinstimmung mit den internationalen Rechnungslegungsstandards (IFRS) und den Anforderungen der Commission de Surveillance du Secteur Financier (CSSF), der Finanzaufsichtsbehörde Luxemburgs. Die Bewertung basiert oft auf dem DCF-Verfahren, das die künftigen Cashflows der Immobilien berücksichtigt und diese auf ihren Barwert diskontiert. Im Vergleich zu Deutschland zeichnet sich das luxemburgische Bewertungsgesetz durch eine größere Flexibilität und Anpassungsfähigkeit aus, da es ­stärker an internationalen Standards ausgerichtet ist und den spezifischen Anforderungen von Investmentfonds gerecht wird.

Das DCF-Verfahren ermöglicht es den Fondsmanagern, die Auswirkungen von Veränderungen in den Marktbedingungen, wie zum Beispiel der Zinswende, auf den Wert der Immobilien besser zu verstehen. Durch die Berücksichtigung verschiedener Szenarien können sie fundierte Entscheidungen treffen und das Portfolio entsprechend anpassen, um Risiken zu minimieren und Chancen zu nutzen. Die Bewertung von Immobilienfonds in beiden Ländern hat das Ziel, den Anlegern eine genaue und transparente Darstellung der Wertentwicklung ihrer Investitionen zu bieten.

Die Zinswende und ein möglicher Ketchup-Flaschen-Effekt

Die Zinswende hat für viele Herausforderungen für Immobilienfonds gesorgt. Eine der prominentesten Folgen waren die passiven Grenzverletzungen der Immobilienanlagegrenzen durch die Stabilität der Bewertungen offener Immobilienfonds. Dies führte zu einer Überschreitung von Gewichtungsgrenzen, Verletzungen von Risikoparametern und einer allgemeinen Nichtbeachtung von regulatorischen Vorschriften. Die steigenden Zinssätze veränderten die Bewertung dieser Immobilien nach dem BewG kaum, was zu einem relativen Anstieg der Immobilienquoten in ihren Portfolios im Vergleich zu anderen Anlageklassen führte.

Die Auswirkungen auf den Immobilien-Investmentmarkt waren unmittelbar spürbar. Ein Rückgang der Transaktionen zeigte sich aufgrund einer gedämpften Nachfrage. Insbesondere institutionelle Anleger wie Versorgungswerke und Versicherer, die erhebliche Bestände an direkt und indirekt gehaltenen Immobilien in ihren Portfolios managen, waren von dieser Entwicklung betroffen. Der zunehmende Verkaufsdruck durch Fonds, die aufgrund von Rücknahmeanfragen Kapital zurückgeben müssen, könnte die Situation des Abbaus dieser Quoten aktiv verschärfen. Der „Ketchup-Flaschen-Effekt“, ein Phänomen, das sich durch zunächst geringe Transaktionen auszeichnet, die später durch einen plötzlichen Anstieg des Angebots aufgrund von Fondsrückgaben verstärkt werden, könnte beginnend im Jahr 2024 beobachtet werden.

Die Konsequenzen dieser Situation sind vielschichtig. Anfänglich wenig Transaktionen führen zu einem Mangel an Angebot und einer relativen Stagnation der Preise. Jedoch kann ein plötzlicher Anstieg des Angebots zu einem übermäßigen Druck auf die Preise führen. Dies verdeutlicht die Herausforderungen, denen Immobilienfonds und Investoren in Zeiten der Zinswende und Illiquidität gegenüberstehen. Um dieser Situation zu begegnen, ist eine transparente und offene Kommunikation seitens des Fondsmanagements von entscheidender Bedeutung. Die Vermeidung von intransparenter Kommunikation in Bezug auf Rückgabeverlangen und Bewertungen ist unerlässlich, um das Vertrauen der Anleger zu erhalten und unvorteilhafte Verkaufszeitpunkte zu verhindern.

Wissenschaftlich betrachtet zeigt sich bei institutionellen Investoren ein interessantes Verhalten in Bezug auf Immobilien. Die Bereitschaft, Fondsanteile vor einer Korrektur zurückzugeben, ist höher als nach einer bereits erfolgten Korrektur in den Bewertungen. Dieses Phänomen ist auch am Kapitalmarkt und an Börsen gut zu beobachten. Wenn die Verlusterwartung steigt, sind Investoren eher geneigt, ihre Aktien zu verkaufen. Hingegen ist nach einer Korrektur wieder eine deutliche Kaufbereitschaft zu spüren, und oft folgt darauf ein Rebound. Dieses Verhalten lässt sich stark auf die Erwartungsprozesse der Investoren zurückführen.

In der Praxis bedeutet dies, dass die Erwartungen und Prognosen institutioneller Anleger maßgeblich ihre Investmententscheidungen beeinflussen, insbesondere in Bezug auf Immobilieninvestitionen. Eine wie aktuell zu beobachtende Stagnation lässt also auf ein starkes Marktungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage schließen. Im Rahmen einer Liquiditätsbetrachtung von ausgeglichenem Angebot und Nachfrage an den Immobilienmärkten können die unterschiedlichen Bewertungsmethodiken zu Verzerrungen führen. Genauer zeigt sich in den Investmentmärkten, insbesondere in Deutschland, ein interessantes Phänomen. Auf Grund des Fehlens von Vergleichsdaten werden deutsche Bewertungsmethodiken oft auf Grundlage stabiler beziehungsweise wachsender Betrachtungen aus den immobilienwirtschaftlichen Parametern selbst in den Vermögensaufstellungen angewendet. Dies kann zu falschen Erwartungen bei Investoren führen, die wiederum in Anteilscheinrückgaben resultieren könnte. Allerdings kann diese Praxis dazu führen, dass Liquidität im Portfolio ohne Verkäufe nicht ausreichend gebildet werden kann. Die zeitliche Dimension spielt hierbei eine entscheidende Rolle und birgt Risiken.

Die plötzliche Flut von Immobilienangeboten kann zu zusätzlichem Preisdruck führen, der die Interessen der verbleibenden Anleger und die Stabilität des Immobilienmarktes beeinträchtigt. Zudem kann dies zu einer Abwärtsspirale führen, bei der sinkende Preise weitere Anleger veranlassen könnte, ihre Anteile ebenfalls zurückzugeben, was den Abwärtstrend verstärken würde. Ein fair value wäre in dieser Konstellation sicherlich schwer abbildbar und würde wieder Vergleichsdaten für Folgebewertungen beeinflussen.

Vermeidung stressbedingter Verkäufe schont Vermögen

Insgesamt sind Illiquidität und Vertrauensverlust wichtige Faktoren, die die Effizienz und Stabilität von Märkten beeinflussen. Um diesen Effekt zu vermeiden und Vermögen zu schonen, sind mittel- und langfristige Prognosen auch unter einer dynamischen Verkehrswertbetrachtung unerlässlich. Eine Validierung des Ertragswertverfahrens mit den Ansätzen der renditeorientierten DCF-Technik können Diskrepanzen aufzeigen, welche sich möglicherweise im Zeitverlauf durch immobilienwirtschaftlich positive Entwicklungen durchaus aufheben können.

Unter einem aktiven Risikomanagementansatz haben einige Kapitalsammelstellen und Bestandshalter bereits größere bilanzielle Anpassungen vorgenommen, dadurch kann ein möglicher „Ketchup-Flaschen-Effekt“ besser abgefangen werden. Es ist zu beobachten, dass sich antizyklische Investorengruppen auf ein mögliches Recovery der stärksten Immobilienmärkte vorbereiten.

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