Unsicherheit prägt die Lage am Pflegeimmobilienmarkt
Nach Zahlen von JLL und CBRE schrumpfte der Transaktionsmarkt 2023 um 66, respektive 63 Prozent. Oft mangelt es Betreibern an kompetentem Management.
Der Markt für Pflegeimmobilien steckt in einer Krise. Insbesondere institutionelle Investoren agierten am Markt zurückhaltend, wie eine Presseveranstaltung aus Bestandshaltern, Asset Managern und Projektentwicklern im Bereich Pflege in der vergangenen Woche verlauten ließ. Die allgemeine Kaufzurückhaltung zeigt sich auch im Transaktionsmarkt: So hat sich das Transaktionsvolumen in 2023 laut dem Immobiliendienstleister CBRE mehr als halbiert. Es schrumpfte um 63 Prozent auf 931 Millionen Euro. Im Vergleich zu 2022 mit rund 2,5 Milliarden Euro und dem „Spitzenjahr“ 2021 mit über 3,5 Milliarden Euro Transaktionsvolumen ein Abstieg, allerdings in etwa auf das Niveau von 2017, so CBRE in einer Mitteilung. Zahlen von JLL zufolge hat das Transaktionsvolumen sich gar um zwei Drittel reduziert von 2,78 Milliarden auf 940 Millionen in 2023. Insbesondere die vielen Insolvenzen von Pflegebetreibern hätten Investoren verunsichert, so JLL.
Probleme gab es 2023 am Markt für Pflegeimmobilien viele: Gestiegene Kosten für die Betreiber, Fachkräftemangel, und in der Folge Betreiberinsolvenzen. Investorenseitig sorgte zudem das gestiegene Zinsniveau und die damit fallenden Bewertungen für Verunsicherung unter potenziellen Transaktionspartnern. „Pflegeimmobilien haben den Nimbus des Unantastbaren verloren, die Betreiber verdienen kein Geld, die Margen sind extrem klein“, resümierte Jens Nagel, Geschäftsführer der schwedischen Immobiliengesellschaft Hemsö in Deutschland. „Wir führen die Projekte weiter, die wir angefangen haben, sind aber beim Ankauf neuer Projekte sehr zurückhaltend.“ Für Spitzenrenditen bei 5,5 Prozent könne man in den meisten Ländern kein Pflegeheim bauen, fügte er in der von PB3C organisierten Online-Pressekonferenz hinzu.
Verfügen Betreiber über ein kompetentes Management?
Angesichts zahlreicher Insolvenzen von Betreibern, die mit einer Mischung aus stark gestiegenen Kosten, im Vergleich (zu) niedrigen Investitionskostensätzen der Kommunen und einem Mangel an Fachkräften zu kämpfen hatten, warf Nagel auch die Frage nach der Kompetenz des Managements der Betreiber auf. Als Immobilieninvestor habe man häufig wenig Einfluss auf die Betreiber. „Wir haben viel gelernt in 2023“, so Nagel. Einer der Erfolgs-Faktoren in 2023 sei es gewesen, wie kompetent das Management des jeweiligen Betreibers ist. Ob Betreiber professionell aufgestellt sind, sei jedoch nicht immer eine Frage der Größe, betont Berthold Becker, Managing Director von TSC Real Estate. „Es kommt vielmehr darauf an, dass Betreiber regional integriert sind und gute Fachkräfte vor Ort haben.“ Vor zwei Jahren noch galten oftmals vorrangig internationale, große Betreiber als „bankable“ – „Das hat sich stark gewandelt“, so Becker.
Auch Gerald Klinck, ehemaliger CFO und Beiratsvorsitzender des Projektentwicklers Cureus, sieht in den Betreiberinsolvenzen ein Haupthindernis, gerade für institutionelle Investoren, die es für die Asset-Klasse neu zu „begeistern“ gelte. „Das Vertrauen in die Betreiber hat 2023 massiv gelitten“, sagt Klinck. Man werde immer noch Insolvenzen sehen, „auch kleinere Häuser werden die Grätsche machen“, glaubt Klinck.
Nikolai Schmidt, Managing Director Transaction Health Care bei Swiss Life Asset Managers, beobachtet ein Interesse von Investoren, ihr Portfolio mit betreutem Wohnen zu arrondieren. Eine große Herausforderung in 2023 sei es gewesen, „die Anforderungen von Investoren an Healthcare-Immobilien mit dem Markt in Einklang“ zu bringen. „Wir mussten bei Projektentwicklungen immer zurückhaltender werden und was wir bieten konnten, hat die Gestehungskosten oftmals nicht gedeckt“, so Schmidt. Insgesamt habe man 2023 auch sehr wenige Projektentwicklungen angeboten bekommen.
Baukosten mit leicht sinkender Tendenz
Aus dem Blickwinkel des auf Pflegeimmobilien spezialisierten Projektentwicklers Cureus, sieht Klinck auch im Fachkräftemangel ein zunehmendes Problem für die Betreiber. Mitarbeiter im Bereich der Pflege gingen dauerhaft verloren. „Wir brauchen funktionierende Geschäftsmodelle für die Betreiber“, so Klinck. Zumindest in Bundesländern wie NRW sehe man nun auch angepasste, respektive angehobene Investitionskostensätze. Zudem beobachtet Klinck eine „leichte Tendenz zu fallenden Baukosten“. Er sagt: „Die Baukosten sind in den vergangenen drei Jahren massiv gestiegen. Wir glauben nicht, dass sie weiter steigen und hoffen eher, dass sie ein Stück weit sinken.“
Dies und auch die entspanntere Lage bei der Zinsentwicklung lässt Klinck hoffen, dass 2024 die Talsohle durchschritten sein könnte. „Durch die entspanntere Zinssituation ist aktuell wieder Leverage möglich. Wenn wir fünf bis sechs Projekte verkaufen, haben wir wieder mehr Eigenkapital und können mehr bauen.“ Auch die Politik zeige sich langsam sensibilisiert für das Thema. Denn etwa 50 Prozent der durchschnittlichen Pflegeplatzkosten trügen inzwischen die Kommunen, da die Bewohner sich einen Heimplatz nicht mehr leisten könnten.
Flaute am Investmentmarkt für Pflegeimmobilien
Der Investmentmarkt für Pflegeheime, Seniorenimmobilien und Kliniken hat nach Einschätzung der Immobilienberatungsfirma JLL mit einer akuten Abschlussflaute zu kämpfen. Kostensteigerungen „aus allen Ecken“ hätten die Betreibergesellschaften einer Mitteilung zufolge unter Druck gesetzt. „Einige konnten das mit ihren Rücklagen abfedern, es haben aber auch welche versucht, im Zuge der Insolvenzanmeldung die Pachten zu reduzieren“, berichtet Peter Tölzel, Team Leader Healthcare Investment JLL Germany. Der Experte macht deutlich, dass das Vertrauen der Investoren in die Anlageklasse dadurch natürlich nicht gestiegen sei. „Obwohl die Demografie die Nachfrage nach Pflegeplätzen stützt, werden Pflegeheime zurzeit von Investoren gemieden.“
Auch Kliniken und medizinische Versorgungszentren finden zurzeit nur selten einen passenden Käufer. Zusammen kommen beide Segmente auf einen Anteil am Transaktionsvolumen von lediglich sieben Prozent, im Vorjahr waren es noch 27 Prozent gewesen. Etwas besser sei die Stimmung im Segment betreutes Wohnen. „Das ist aber sehr von der Lage abhängig. Wird es zu ländlich, funktioniert es schon nicht mehr“, betont Tölzel.
Zugleich stellt der Experte insgesamt ein deutlich gesunkenes Preisniveau fest – auch beim betreuten Wohnen. Die Akzeptanz niedrigerer Preise sei bei den Verkäufern größer geworden. Was dem Markt jedoch vor allem fehle, sei ausländisches Kapital. Dieses habe in der Vergangenheit häufig Großtransaktionen gestemmt. In Krisenphasen fokussierten sich die Geldgeber aber traditionell auf die jeweiligen Heimatmärkte. „Große Portfoliodeals dürften es deswegen in diesem Jahr schwer haben“, so Tölzel.
Autoren: Daniela Englert und Tobias BürgerSchlagworte: Gesundheitsimmobilien | Immobilien
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