Deutschland verliert AAA
Kredit-Researcher von Independent Credit View stufen Bundesrepublik ab. Upgrades für Peripherie-Staaten – mit einer Ausnahme.
Die Länderstudie von Independent Credit View I-CV, vergibt bei 49 untersuchten Volkswirtschaften sechs Mal die höchste Einstufung Triple-A. Mit Dänemark, Norwegen und Schweden sind wieder drei skandinavische Staaten darunter, die wie die Schweiz, Singapur und die Niederlande AAA geratet sind. Deutschland dagegen verliert die Bestnote, während Österreich unverändert mit AA eingestuft wird. Im Unterschied zu Standard & Poor´s, Moody´s und Co bezahlen bei I-CV die Investoren für die Ratings.
„Deutschland wird momentan von den Medien gerne als ‚kranker Mann Europas‘ bezeichnet. Auch wir erwarten eine anhaltende Schwächephase und einen zähen Reformverlauf, was in einer graduellen Abschwächung der Kreditkennzahlen resultiert. Folgerichtig gehört Deutschland zurzeit nicht mehr zum elitären AAA-Kreis“, sagt René Hermann, Lead-Autor der I-CV Länderstudie. In der diesjährigen Studie gibt es neben Deutschland auch für Großbritannien und Ungarn Downgrades. Demgegenüber stehen vier Upgrades für Griechenland, Irland, Island und Portugal.
Fiskalpolitik führt langfristig zum Erfolg
Weiter meint Hermann: „Eine positive Ratingdynamik ist in der europäischen Peripherie, mit Ausnahme Italiens, zu erkennen. Dies zeigt, dass Fiskaldisziplin langfristig zum Erfolg führt. Eine Verdüsterung der Bonitäts-Aussichten attestieren wir den großen Volkswirtschaften Deutschland und Großbritannien. Ausgewählte Schwellenländer in Südamerika und Asien bieten dank proaktiver Notenbankpolitik interessante Alternativen für Investoren.“ Aus Sicht von Hermann stelle die hohe Verschuldung von Staaten, Unternehmen und Haushalten weiter die Achillesferse der Länderbonität dar. Es zeige sich auch, dass das höhere Zinsniveau nur langsam den Weg ins System findet, aber zunehmend Mittel absorbiert und zu weniger Konsum, Investitionen, sinkenden Margen sowie steigenden Ausfällen führen wird. „Wir erwarten in der Folge weitere Rating-Downgrades und ein Wiederaufflammen der Diskussion um die Nachhaltigkeit der vielerorts überhöhten Staatsverschuldung“, so Hermann.
Anleiheinvestoren sollten sich bewusst sein, dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht vorbei ist („higher for longer“) und die Notenbanken verlorenes Vertrauen zurückerobern müssen. Lose Fiskalpolitik sowie Deglobalisierung (Near – & Friendshoring) verstärken den Inflationstrend. Die Transmission der Geldpolitik auf die Realwirtschaft dauert länger als angenommen und wird schmerzhafte Einschnitte erfordern. Zudem erschwere die hohe Verschuldung bei Staaten, Unternehmen sowie Haushalten die Schuldendienstfähigkeit und Tragbarkeit.
I-CV empfiehlt Peru, Chile, Indonesien und die Philippinen
Aber: Durch den Zinsanstieg haben die lang verschmähten Staatsanleihen gegenüber Aktien wieder an Attraktivität gewonnen. Beispielsweise erreichten die Renditen von US-Treasuries und niederländischen Staatspapieren aktuell ein 15- beziehungsweise 11-Jahreshoch. In den USA bewegt sich die zehnjährige Treasury-Rendite über der Gewinnrendite der Aktien (S&P 500), was in den letzten 20 Jahren nur in der Finanzkrise vorkam. I-CV empfiehlt Anleihen von Staaten mit Fiskaldisziplin und positivem Schuldentrend (zum Beispiel Niederlande, Irland oder Dänemark) und in der EU-Peripherie Spanien. Schwellenländer zeigen sich proaktiver und abgeklärter bei der Bekämpfung der Inflation als Industrienationen. I-CV favorisiert Peru und Chile sowie in Asien Indonesien und die Philippinen. Vorsicht empfehlen die Researcher jedoch bei Staaten mit hohem China Exportanteil.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Ratingagentur | Staatsanleihen
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