Investoren
16. Oktober 2023

AKI fordert EU-Rahmenwerk für soziale Investitionen

Brief an EU-Kommission zusammen mit Bankenverbänden und Kirchenbanken. Kritik: Sustainable-Finance-Regulierung biete bisher keinen Rahmen, um soziale Investments als nachhaltig geltend zu machen.

Der Arbeitskreis kirchlicher Investoren (AKI) der Evangelischen Kirche in Deutschland hat sich gemeinsam mit verschiedenen Organisationen aus Deutschland und Europa in einem Aufruf an die EU-Kommission gewandt, in dem er ein Rahmenwerk für soziale Investitionen fordert. Der Aufruf nutzt die aktuellen Trilog-Verhandlungen von Parlament, Kommission und Rat über das geplante EU-Lieferkettengesetz zum Vorstoß, um das Thema soziale Nachhaltigkeit wieder auf die EU-Agenda zu bringen. Aktuelle Regulierungsvorhaben im Rahmen der EU-Sustainable-Finance-Regulierung gingen auf dieses Thema nicht ein, im Gegenteil: „Während es in Europa eine milliardenschwere Finanzierungslücke für soziale Infrastrukturen gibt und das europäische Sorgfaltspflichtengesetz hohe Summen an sozialen Investitionen von Unternehmen erfordern wird, bietet die EU-Regulierung für nachhaltige Investitionen keinen Rahmen, in dem diese Art von Investitionen als nachhaltig geltend gemacht werden könnten“, heißt es in einer Pressemitteilung zu dem Brief. Laut Schätzungen der High-Level Task Force für Investments in soziale Infrastruktur in Europa von 2018 beliefe sich die Finanzierungslücke für soziale Infrastruktur auf 100 bis 150 Milliarden pro Jahr oder 1,5 Billionen Euro zwischen 2018 und 2030, führen die Organisationen in ihrem Brief aus.

DNSH-Kriterien und PAIs mit negativen Definitionen

Im Gespräch mit portfolio institutionell geht AKI-Geschäftsführerin Antje Schneeweiß und Mitautorin des Briefs an die EU-Kommission auf die Kritik an der Sustainable-Finance-Regulierung der EU näher ins Detail: So arbeite das bisherige Regulierungswerk bei Sustainable Finance, sei es über die Do-No-Significant-Harm-Kriterien (DNSH) der Umwelttaxonomie oder auch über die Principal Adverse Impact Indicators (PAIs) der Offenlegungsverordnung (SFDR) weitgehend zu sozialen Themen mit negativen Definitionen. Unternehmen müssten nach Kontroversen suchen und Investoren ihr Portfolio darauf scannen, ob ein Exposure zu Tabak oder kontroversen Waffen besteht. Will ein Investor aber gezielt in soziale Infrastruktur investieren, könne er das nicht als nachhaltig ausweisen. Viele Unternehmen griffen hier zu SDG-Mapping, wiesen also aus, dass sie einen Impact auf bestimmte Sustainable Development Goals (SDGs) hätten, was Schneeweiß zufolge nicht immer ausreichend Orientierung gebe, zum Beispiel, wenn ein Medikamentenhersteller die Wirkung auf die SDGs nach der Menge der verkauften Produkte bemisst.

Bisher keine positiven Kriterien für Investoren

Zur Nachhaltigkeitsregulierung der EU zieht Schneeweiß deshalb ein nüchternes Resümee: „In der gesamten EU-Regulierung zu Sustainable Finance gibt es keine positiven Kriterien, nach denen Investoren gezielt soziale Investitionen als nachhaltig geltend machen können, dass wurde sträflicherweise komplett vergessen. Damit fehlt Investoren ein Anreiz, hierein zu investieren.“ Diese Situation könne auf Dauer auch zu einer „gefährlichen Schieflage“ führen, wenn Investitionen in die ökologische Transformation gegenüber sozialen Investments am Kapitalmarkt dauerhaft bevorzugt würden, so Schneeweiß.

„Es handelt sich bei dem Brief um eine Aufforderung an die DG Fisma (Directorate-General for Financial Stability, Financial Services and Capital Markets Union), innerhalb der EU-Sustainable-Finance-Regulierung ein Rahmenwerk für soziale Investitionen zu schaffen“, so Schneeweiß. Die AKI-Geschäftsführerin kann sich hier verschiedene Ansätze vorstellen, unter anderem sei auch eine Ausweitung von Artikel 2 (17) der Offenlegungsverordnung denkbar, in dem genauer bestimmt wird, was eine nachhaltige Investition darstellt.

VÖB und EU-Organisationen als Mitwirkende, Kirchenbanken als Unterstützer

In ihrem Brief erkennen die Autoren zudem ausdrücklich an, dass Unternehmen und Anleger nicht mit weiterem administrativem Aufwand und Offenlegungspflichten belastet werden sollen. Sie zeigen sich optimistisch, dass die künftige EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) und die entsprechende Offenlegungspflichten im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) die für ein solches soziales Rahmenwerk erforderlichen Daten liefern könnten.

An dem Brief mitgewirkt haben neben dem AKI die Europäische Vereinigung öffentlicher Banken (EAPB), der Bundesverband öffentlicher Banken (VÖB), der Unternehmensverband CSR Europe und die Vereinigung SGI Europe von Dienstleistern der allgemeinen Daseinsvorsorge. Der Aufruf wird zudem unterstützt von zahlreichen Kirchen- und Nachhaltigkeitsbanken, wie zum Beispiel der Bank für Kirche und Caritas, der Evangelischen Bank und der Pax-Bank sowie der Triodos Bank und der GLS Bank.

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