Unternehmen koppeln Vergütung an die Nachhaltigkeit
Eine neue Umfrage beleuchtet die strategische Relevanz von Nachhaltigkeitsaspekten in Dax- und M-Dax-Konzernen. Dabei geht es auch um Vergütungsunterschiede zwischen der Top-Etage und den unteren Managementebenen.
Klima- und Umweltschutz erfordern es, Gesetzgeber und Investoren wollen es, der ökonomische Erfolg belohnt es: das nachhaltige Wirtschaften. Die Themen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung, kurz: ESG (Umwelt, Soziales, Governance), gewinnen weiter an Bedeutung.
Die Beratungsgesellschaft Lurse hat nun eine Umfrage unter 28 der insgesamt 90 Unternehmen aus den Börsenindizes Dax und M-Dax durchgeführt. Dabei ging es vor allem um drei Aspekte: Welche strategische Relevanz haben Nachhaltigkeitsaspekte in den jeweiligen Unternehmen? Wie sind sie in der Unternehmenssteuerung verankert? Und vor allem: Wie schlagen sie sich in den Vergütungssystemen nieder?
Nachhaltigkeitsberichte sind den Unternehmen sehr wichtig
Auf die Frage nach der generellen Bedeutung von ESG-Themen hin, räumten 27 der 28 Unternehmen ihr einen hohen oder sehr hohen Stellenwert ein. Ausnahmslos alle erkennen die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung und betrachten diese als wichtig (21 Prozent) bis sehr wichtig (79 Prozent). Allen drei Dimensionen von ESG werde dabei eine annähernd gleichwertige Bedeutung beigemessen, berichtet die auf Personal- und Pensions-Beratung spezialisierte Lurse.
Während innerhalb des Umweltaspekts (E) der Kampf gegen den Klimawandel im Vordergrund stehe, seien Arbeitsbedingungen und Gleichberechtigung beziehungsweise Diversity im sozialen Bereich (S) von großer Bedeutung. Im Bereich der Unternehmensführung (G) spielen den Angaben zufolge verantwortungsbewusste Geschäftspraktiken und Risikomanagement eine herausragende Rolle.
„Nachhaltigkeit ist das große Thema unserer Zeit“, sagt Maximilian Evers, Partner bei Lurse. Er sagt, es seien nicht nur nationale und internationale Regularien, wie die European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die mehr Engagement in Sachen Klima- und Umweltschutz, sozialer Gerechtigkeit und guter Unternehmensführung verlangten. „Auch institutionelle Investoren, Stimmrechtsberater und Ratingagenturen machen dieses Engagement zunehmend zur Grundlage ihrer Anlageentscheidungen.“
ESG-Prinzipien in der Vergütung reflektieren
Nach Einschätzung der Berater müssen Unternehmen, die ESG-Prinzipien in ihre Unternehmenssteuerung integrieren, „letztlich sicherstellen, dass diese Prinzipien ebenfalls in den Vergütungssystemen reflektiert werden“. Deshalb fragte Lurse die Großunternehmen auch danach, ob und wie die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien sich auf die Vergütung einzelner Mitarbeitergruppen auswirkt.
Ergebnis: „Dies ist aktuell vor allem im Management der Fall. Ohne Ausnahme gaben alle Befragten an, dass die Vergütung von Vorständen unter anderem von ihren Leistungen in puncto ESG abhängt.“ Mehr als ein Drittel der Unternehmen lassen demnach ESG-Kriterien auch in die Vergütung anderer Mitarbeitergruppen einfließen oder planen dies für die Zukunft. Dabei habe sich gezeigt, dass die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in der Vergütung auf den unteren Management-Ebenen tendenziell abnimmt.
ESG-Ziele häufig in der langfristigen variablen Vergütung verankert
Die Verankerung von ESG-Zielen erfolge in acht von zehn Fällen durch deren Berücksichtigung in der langfristigen variablen Vergütung (LTI), gefolgt vom Jahresbonus (55 Prozent). Die Gewichtung der ESG-Ziele innerhalb der jeweiligen Bonuskomponente variiere im Durchschnitt von 15 Prozent auf den unteren bis hin zu über 30 Prozent auf den Top-Managementebenen.
Eine Malus-Regelung zur rückwirkenden Minderung bei Verstoß gegen Nachhaltigkeitskriterien ist bei den Konzernen die Ausnahme. Nur zwei der 28 Umfrageteilnehmer gaben an, eine solche Regelung zu nutzen.
Die Definition der ESG-Ziele erfolgt nach Einschätzung der Experten von Lurse „bei allen Unternehmen in Form klarer, quantitativer KPIs und Kennzahlen mit entsprechenden Zielerreichungsgraden“. Knapp die Hälfte formuliere darüber hinaus qualitative Ziele wie die Erfüllung bestimmter Standards. Ein Drittel orientiere sich bei der Zielfindung auch an den EU-Standards zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS).
Autoren: Tobias Bürger In Verbindung stehende Artikel:
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