BVI spricht sich gegen Mehrstimmrechtsaktien aus
Die Bundesregierung will die sogenannten Mehrstimmrechtsaktien in Deutschland wieder einführen. Der Fondsverband BVI sieht das kritisch und votiert dagegen.
Der BVI spricht sich in einer Stellungnahme an das Bundesministerium der Justiz gegen die geplante Wiedereinführung sogenannter Mehrstimmrechtsaktien in Deutschland aus. Zwar befürwortet der Fondsverband nach eigenen Angaben das mit dem EU Listing Act verbundene Vorhaben, die Kapitalmarktunion voranzutreiben und die europäischen Kapitalmärkte „attraktiver zu gestalten“. Dies dürfe aber nicht zu Lasten von Aktionärsrechten gehen.
Deshalb lehnt der Verband die Einführung von Mehrstimmrechtsstrukturen ab, selbst wenn diese nach dem Willen der EU-Kommission auf Start-ups und Wachstumsunternehmen beschränkt werden sollten. Die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien wäre ein Paradigmenwechsel und würde mit dem hierzulande bewährten „one share, one vote“-Prinzip brechen.
Mehrstimmrechtsaktien gewinnen an Bedeutung
Weltweit zeichnet sich derzeit ein Trend ab, die Mehrstimmrechtsaktien (engl.: „dual class shares“) wieder zuzulassen. So haben sich nach Angaben der Juristen von Rose & Partner vom November 2022 zuletzt unter anderem Belgien, Großbritannien und Portugal auf den Weg der Legalisierung gemacht – weil das Verbot am Kapitalmarkt als Wettbewerbsnachteil gesehen werde.
Der BVI hingegen argumentiert, dass das Stimmrecht auf Hauptversammlungen eines der mächtigsten Instrumente sei, mit dem Aktionäre auf ihre Unternehmen einwirken können. Ein verminderter (Stimmrechts-)Einfluss, der nicht mehr dem geleisteten Kapital- und Risikoeinsatz entspricht, schränke die Aktionärsrechte massiv ein. Zudem erfülle dies in keinem Fall die Erwartungshaltung von Kapitalverwaltungsgesellschaften, ihre Portfoliounternehmen wirksam kontrollieren zu können. Bei aktiven Fonds würde dies ein Investitionshindernis darstellen, so der BVI. Darüber hinaus widerspreche die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien allen europäischen Intentionen, das Shareholder Engagement zu stärken.
Einst waren sie in Deutschland erlaubt
Unter dem Begriff „Mehrstimmrechtsaktien“ versteht man nach Angaben der Kanzlei Rose & Partner Aktien, die mehrere Stimmrechte für eine Aktie verbriefen. Damit sei sie eine sogenannte Vorzugsaktie. In Deutschland ist die Mehrstimmrechtsaktie derzeit gesetzlich verboten. Geregelt ist das in Paragraf 12 II des Aktiengesetzes. „Mehrstimmrechte sind unzulässig“, heißt es dort.
Nach Informationen von Rose & Partner waren Mehrstimmrechtsaktien früher hierzulande zulässig. Im Jahr 1998 wurde zunächst die Ausgabe neuer Mehrstimmrechtsaktien verboten. Fünf Jahre später wurden sie gänzlich ausgeschlossen. Als Begründung wurde damals angeführt, dass Mehrstimmrechtsaktien die Kontrolle der Eigentümer über die Aktiengesellschaft schwächen würden, erläutert Rose & Partner.
In vielen anderen Ländern der Welt sei die Mehrstimmrechtsaktie dagegen erlaubt und auch weit verbreitet, etwa in den nordischen europäischen Ländern wie Schweden. Tatsächlich haben viele große und weltweit agierende Konzerne „dual class shares“ ausgegeben, darunter zum Beispiel H&M, Volvo, Apple, Google und Facebook. Insgesamt werden bei circa 40 Prozent der weltweiten Börsengänge solche Vorzugsaktien ausgegeben.
Autoren: Tobias BürgerSchlagworte: Aktien
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