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28. Januar 2022

Greenwashing von Atomkraft und Erdgas

Europa führt eine hitzige Debatte: Sind Atomkraft und Erdgas grün? Leisten diese Energien einen entscheidenden Beitrag, damit die Europäische Union ihre Klimaziele erreicht? Die EU-Mitgliedsstaaten tragen diesen Richtungsstreit auf dem Rücken der EU-Taxonomie aus.

Einige Staaten drängen darauf, Atomkraft und Erdgas als „nachhaltig“ aufzunehmen. Dabei sind die Fakten eindeutig: Atomkraft und Erdgas sind nicht nachhaltig und dürfen kein grünes Label bekommen. Die EU-Kommission scheint das leider anders zu sehen.

Seit mehreren Jahren arbeiten Expertengruppen für die EU an der wissenschaftlichen Grundlage, um die Frage zu beantworten: Wann ist eine wirtschaftliche Tätigkeit beziehungsweise eine Investition in diese nachhaltig? Die Empfehlungen sind eindeutig: Atomkraft und Erdgas sind auf wissenschaftlicher Grundlage nicht als nachhaltig klassifizierbar. Mit ihrem Vorschlag vom Silvesterabend, dies dennoch zu tun, verlässt die EU diesen wissenschaftlichen Weg aus politischen Gründen, die EU-Taxonomie verliert ihre Glaubwürdigkeit. Für die Finanzindustrie wird sie so kein wirksames Instrument.

Bei der Atomenergie gibt es vier kritische Punkte. Das notwendige Uran ist nur begrenzt verfügbar. Zweitens verursacht dessen Gewinnung hohe CO₂-Emissionen. Die Uran-Förderung ist bei dem vorgelegten Rechtsakt wohl nicht nur deshalb gar nicht einbezogen worden, sondern auch weil innerhalb Europas Uranbergbau kaum mehr durchsetzbar ist.

Weiter bleiben beim Betrieb von Atomkraftwerken unkalkulierbare, zudem nicht versicherbare, Risiken. Viertens ist die Endlagerung radioaktiver Abfälle ungelöst. Die beiden letzteren Punkte verletzen bereits eklatant das „Do no significant harm“-Prinzip – welchen Schaden Atomkraft verursacht, ist leider schon gut belegt. Mal abgesehen von der Gefahr, dass spaltbares Material in terroristische Hände geraten kann.

Und Erdgas? Auch hier ist das Bild schnell skizziert: Erdgas ist ein fossiler Brennstoff, seine Emissionen befeuern die Klimakrise. Grüngewaschenes Gas würde klipp und klar den EU-Klimazielen zuwiderlaufen. Laut Folgenabschätzung der EU-Kommission muss die EU ihren Gesamtverbrauch an fossilem Gas bis 2030 um etwa 30 Prozent senken, um ihr Klimaziel von 55 Prozent weniger Treibhausgase bis 2030 zu erreichen. Erdgas mag in Deutschland für ein paar wenige Jahre noch nötiger Bestandteil im Energiemix sein, aber noch lange kein „grüner”. Investitionen müssen stattdessen in wirklich nachhaltige Energien wie Wind und Solar fließen. Nur dann lässt sich die Klimakrise in den Griff bekommen.

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