Immobiliensektoren profitieren unterschiedlich von Erholung
Studie von Edmond de Rothschild: Trübe Aussichten für Einzelhandelssegment. Preisrückgänge 2020 auch bei Büro.
Nach einer Studie des Economic Research Team von Edmond de Rothschild waren 2020 die Folgen der Pandemie für die einzelnen Gewerbeimmobiliensektoren in Europa sehr unterschiedlich. Die Preise für Einzelhandelsimmobilien sind laut der Studie in der Eurozone, der Schweiz und Großbritannien stark gefallen, sie brachen ein und zwar um -22,9 Prozent in der Eurozone, -14,7 Prozent in der Schweiz und -16,1 Prozent in Großbritannien. Dieser Sektor war am stärksten von der Pandemie betroffen. Im 4. Quartal 2020 hatten sich die Preise immer noch nicht erholt, im Gegensatz zu dem, was für die anderen Sektoren zu beobachten war.
Sektor Büro erholt sich langsam
Der Bürosektor verzeichnete ebenfalls einen starken Preisrückgang, und zwar um 4,7 Prozent in der Eurozone, wo er am widerstandsfähigsten war, um 11,8 Prozent in der Schweiz und um 8,2 Prozent im Vereinigten Königreich. Mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, wo die Preise im vierten Quartal 2020 um weitere 0,6 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zurückgingen, haben die Preise für Büroimmobilien begonnen, sich zu erholen, mit einem Anstieg von 1,8 Prozent in der Eurozone und 1,3 Prozent in der Schweiz.
Umgekehrt profitierte der Industrie- und Logistikimmobiliensektor besonders von der Krise und verstärkte oft sogar den vor einigen Jahren begonnenen Trend. Auf Jahressicht dürften die Preise in der Eurozone und in Großbritannien um 9,3 Prozent und in der Schweiz um 6,6 Prozent gestiegen sein.
Auch die Preise für Mietwohnungen setzten ihren Aufwärtstrend im Jahr 2020 häufig fort: Sie stiegen in der Eurozone um 3,9 Prozent und in der Schweiz um 2,1 Prozent, während sie in Großbritannien in diesem Zeitraum um 8,6 Prozent sanken Die Dynamik dürfte in den vier wichtigsten Immobiliensektoren auch künftig sehr unterschiedlich ausfallen.
Weiter steigende Preise für Wohnimmobilien
Die Nachfrage nach Mietwohnimmobilien dürfte solide bleiben, da sich die Bautätigkeit in mehreren Ländern verlangsamt hatte, wodurch Neubauten erst verzögert auf den Markt gekommen sind. Das nahe Umland von Ballungszentren sollte weiterhin großes Potenzial aufweisen und die Nachfrage nach größeren Bauprojekten anhalten. Generell ist damit zu rechnen, dass die Preise weiter steigen, künftig jedoch mit einer moderateren Wachstumsrate. Auf Länderebene ist insbesondere in Deutschland und den Niederlanden ein starker Anstieg zu erwarten, und auch der britische Markt könnte positiv überraschen.
Qualität bei Büroimmobilien gefragt
Die Nachfrage nach Büros und deren Preise dürften mit dem erwarteten wirtschaftlichen Aufschwung wieder anziehen. Die strukturellen Veränderungen in der Nachfrage, insbesondere aufgrund des breiten Zuwachses bei der Telearbeit seit über einem Jahr und möglicher neuer rechtlicher Regulierungen im Nachgang der Pandemie dürften qualitativ höherwertigen und besser ausgestatteten Immobilien zugutekommen. Zentrale Lagen dürften weiterhin begehrt sein, doch das größte Preissteigerungspotenzial wird im gut angebundenen städtischen Umland erwartet. Nach wie vor dürfte dieser Anstieg aber im moderaten Bereich liegen. In Großbritannien, der Schweiz und Frankreich dürfte die Situation derzeit günstiger sein als in Deutschland, den Niederlanden oder Italien.
Nach einem schwierigen Jahr 2020 dürfte das Einzelhandelssegment weiterhin unter Druck stehen, weitere Preisrückgänge erscheinen jedoch unwahrscheinlich. Chancen könnten sich vor allem bei Gewerbeimmobilien ergeben, die in ihrer Anziehungskraft durch Aktivitäten, Infrastruktur und Dienstleistungen punkten, so dass Kunden und Nutzer gerne persönlich dorthin kommen oder deren gewerbliche Pächter selbst diesen Effekt erzielen können. In der Schweiz könnte die Situation etwas besser aussehen.
Logistik: Starkes Wachstum in Deutschland und den Niederlanden
Der Industrie- und Logistikimmobiliensektor sollte 2021 wieder ein kräftiges Wachstum verzeichnen, wenngleich die Preissteigerungen im Vergleich zum Vorjahr etwas an Dynamik einbüßen könnten. Der gesamte Sektor dürfte vom Aufschwung sowie von dem erklärten Ziel profitieren, wieder eine stärkere Kontrolle über die Liefer- und Vertriebsketten in Europa zu erlangen. Insbesondere Flächen für Leichtindustrie und städtische Logistikimmobilien dürften weiterhin von der günstigen Entwicklung im Onlinehandel profitieren. Am stärksten dürfte das Wachstum in Deutschland und den Niederlanden ausfallen, während dieser Sektor in Großbritannien für eine gute Überraschung sorgen könnte.
Deutschland und Niederlande robuste Märkte
2021 wird die erwartete Erholung der Wirtschaftsaktivität den gewerblichen Immobilienmärkten mehr Unterstützung bieten. Einige der Haupttrends, die seit Beginn der Krise bestehen, werden auch 2021 anhalten, wobei die Dynamik in den vier wichtigsten Immobiliensektoren (Mietwohnimmobilien, Einzelhandel, Büros sowie Industrie und Logistik) unterschiedlich sein wird: Die Situation sollte sich 2021 insgesamt verbessern, und der deutsche sowie auch der niederländische Markt dürften sich von der robusteren Seite zeigen. Waren 2020 noch erhebliche sektorale Unterschiede festzustellen, sollten sich einige durch die Pandemie ausgelösten Trends fortsetzen. Insbesondere die starke Dynamik bei Industrie- und Logistikimmobilien sollte anhalten, der Wohnimmobiliensektor sollte weiterhin widerstandsfähig bleiben. Büros dürften zum Teil vom Aufschwung profitieren, während sich die Lage bei Einzelhandelsimmobilien in den kommenden Quartalen eintrüben dürfte.
Autoren: Daniela Englert In Verbindung stehende Artikel:
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