Zinsen drücken Garantien
Bafin: Garantiezinsen im Neugeschäft hinterfragen. IVS: Beitragsgarantie nicht mehr darstellbar.
Je länger die Niedrigzinsphase anhält, desto größer die Problematik mit den Garantiezinsen. Dies spiegelt sich in Statements von Bafin und des Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS) wider.
Gefragt zu den Herausforderungen für Aufsicht und Branche, teilte Dr. Frank Grund, Exekutivdirektor Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht, mit, dass man im vergangenen Jahr die Verantwortlichen Aktuare der Lebensversicherer und die Inhaber der Versicherungsmathematischen Funktion nachdrücklich darauf hingewiesen habe, dass sie die Zinsgarantien im Neugeschäft kritisch hinterfragen und gegebenenfalls absenken müssen. Der für Grund wichtigste Hinweis: „Der Höchstrechnungszins darf nicht unreflektiert als Garantiezins ins Neugeschäft übernommen werden.“
Bei regulierten Pensionskassen habe es sogar noch offene Tarife mit einem Garantiezins oberhalb von 0,9 Prozent gegeben, also noch über dem derzeitigen Höchstrechnungszins. „Diese Anbieter haben wir aufgefordert, die Zinsgarantien im Neugeschäft zu senken. Und das hat bei fast allen Pensionskassen auch gut geklappt. Nur in wenigen Sonderfällen stehen Entscheidungen der beteiligten Tarifparteien noch aus“, so Grund.
Gefragt zur Bafin-Prognoserechnung zum Stichtag 30. September 2020 teilte Grund mit, dass die Auswertung noch laufe. „Es zeigt sich aber schon, dass die Lebensversicherer robust genug sind, um ihre bestehenden Verpflichtungen auch in Zukunft zu erfüllen – wenn man das Handelsgesetzbuch zugrunde legt.“ Nach dem, was man jetzt schon wissen, dürfte es den Unternehmen aber künftig schwerer fallen, die Zinszusatzreserve weiter aufzubauen.
Wie aus der aktuellen Prognoserechnung hervorgeht, seien die Pensionskassen unverändert stark von den niedrigen Zinsen betroffen. Erfreulich sei aber, dass viele Pensionskassen von ihren Trägerunternehmen oder Aktionären finanziell unterstützt werden.
IVS will Mindestleistung senken
Die Zinslage bereitet auch dem Institut der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung (IVS), Sorge. Wie das IVS mitteilt, steht die in der bAV verbreitete „Beitragszusage mit Mindestleistung“ (BZML) nach neuesten Untersuchungen des vor dem Hintergrund der anhaltenden Tiefzinsen ohne Reformen vor dem Aus. „Denn ab einem Rechnungszins von 0,5 Prozent oder weniger ist die bislang verpflichtende 100-prozentige Beitragsgarantie faktisch nicht mehr darstellbar“, erläutert der IVS-Vorstandsvorsitzende Dr. Friedemann Lucius die vorliegenden Musterrechnungen.
Deshalb appelliert Lucius an die politischen Entscheidungsträger, mit der bereits öffentlich diskutierten Überarbeitung der Riester-Rente auch die BZML aus ihrem Korsett zu befreien. „Ansonsten werden spätestens ab 2022 zahlreiche Direktversicherungen, Pensionskassen und Pensionsfonds gezwungen, die BZML für neue Verträge zu schließen“, so Dr. Lucius weiter.
Nur wenn wie in der Riester-Rente auch in der BZML ein neues Niveau für die Mindestleistung deutlich unterhalb des bisherigen Beitragserhalts definiert werde, können nennenswerte Teile des Beitrags in renditestärkere Realwerte wie Aktien, Immobilien oder Infrastrukturprojekte investiert werden. „Bei entsprechender Steuerung sind die Kapitalanlagerisiken in der bAV mit ihren gemischten Kollektiven und jahrzehntelangen Abwicklungszeiträumen gut steuerbar. Der partielle Verzicht auf teure Garantien ist angesichts der aktuellen Null- und Negativzinsen die einzige Chance auf einen Werterhalt und einen realen Zugewinn“, resümiert Dr. Lucius.
Autoren: Patrick Eisele
Schlagworte: Asset Liability Management (ALM) | Betriebliche Altersversorgung (bAV)
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