Offenlegungsverordnung tritt in Kraft
Ab 10. März müssen Finanzmarktteilnehmer den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken reporten. Level II der Verordnung erst in 2022.
Am 10. März tritt die Offenlegungsverordnung, ein wichtiger Baustein des EU-Aktionsplan zu Sustainable Finance, in Kraft. Künftig müssen Finanzmarktteilnehmer wie Versicherungen und Pensionskassen, aber auch Banken und Vermögensverwalter darlegen, inwiefern sie Nachhaltigkeitsrisiken eingehen. Auch KVGen müssen künftig Informationen zu Anlageprodukten bereitstellen, worauf die Service-KVG Intreal hinweist: „Ziel der Offenlegungsverordnung ist es, dem Anleger Transparenz über die Nachhaltigkeit eines Investments zu verschaffen“, so Geschäftsführer Michael Schneider. „Er soll sich vor der Anlageentscheidung ein Bild machen können, welche Folgen seine Investition für Klima, Soziales und Unternehmensführung hat. Für die KVGen bedeutet das allerdings einen großen Aufwand. Sie müssen ihre Webseiten, Verkaufsprospekte und Anlegerinformationen sowie die Berichte anpassen.“ Denn an diesen drei Stellen –Homepage, in den vorvertraglichen Informationen und in den regelmäßigen Berichten – müssen künftig Informationen zu finden sein. Das Forum Nachhaltiger Geldanlagen (FNG) hofft, dass auf Basis dieser Veröffentlichung eine Taxonomie für alle Finanzprodukte geschaffen wird, die „die Skala der Finanzprodukte von dunkelgrünen bis braunen Investments abbildet und so Greenwashing verhindert“.
Reporten müssen künftig jedoch auch institutionelle Investoren. Obwohl die Anwendung von ESG-Kriterien auch dann nicht verpflichtend sein wird, ist die allgemeine Erwartung, dass dies den Markt für nachhaltige Kapitalanlagen stärken wird. „Zwar könnte man nach dem Prinzip ‚Comply or Explain‘ auch angeben, dass man Nachhaltigkeitskriterien in der Kapitalanlage nicht berücksichtigt. Doch es ist aus Reputationsgründen fraglich, ob das hilfreich ist“, sagt etwa Ewald Stephan, Vorstandsmitglied bei der Verka. Denn natürlich wirft es kein gutes Licht auf das eigene Unternehmen, sollte man angesichts des allgemeinen Aufbruchs als einer der letzten keine Nachhaltigkeit berücksichtigen. Viele Investoren werden dann zumindest notgedrungen diesem Thema Aufmerksamkeit schenken.
Verschärfte Anforderungen in 2022
Richtig losgehen dürfte es jedoch erst 2022, wenn auch Level II der Offenlegungsverordnung und zusätzlich die Taxonomie-Verordnung in Kraft treten. Dann werden die Anforderungen an das Reporting schlagartig höher, so Maren Schmitz, Partnerin im Bereich Financial Services bei KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Leiterin des Asset Management Beratungsgeschäfts für KPMG in Deutschland. „Dann gilt: Wer einen Fonds mit ökologischen oder sozialen Merkmalen oder Zielen bewirbt, sogenannte Artikel 8 und 9 Produkte, wird umfangreiche Daten und Kennzahlen im Verlauf des Jahres 2022 erheben müssen, um die Reportinganforderungen erfüllen zu können. Derzeit liegen diese Informationen noch nicht in ausreichendem Umfang und genügender Qualität vor, um schon jetzt den Datenhaushalt und die Prozesse entsprechend aufzubauen.“ Ab 2022 wird also viel Arbeit auf die entsprechenden Abteilungen zukommen. Aktuell könnte die Offenlegungsverordnung speziell für Asset Manager zwar eine erste Orientierung sein, die jedoch mit großen Unsicherheiten behaftet ist. Denn die Regularien blieben oftmals noch vage und Asset Manager müssten sich so darauf einstellen, in diesem dynamischen Umfeld schnell und pragmatisch auf Änderungen und Konkretisierungen zu reagieren. „Zum Beispiel wird der Spielraum für nachhaltige Produkte durchaus sehr unterschiedlich am Markt genutzt. Dies heißt auch, dass weitere Konkretisierungen zum Beispiel durch die Taxonomie-Verordnung dazu führen, dass nochmals Anpassungen an Einstufungen, Investmentansätzen, aber auch an dem vorhandenen Datenhaushalt vorgenommen werden müssen.“
Auch für La Française Asset Management dürfte daher der Weg bei weitem noch nicht abgeschlossen sein. Wie das Unternehmen bekanntgab, erfüllten Ende Januar 76 Prozent ihrer Investmentprodukte nachhaltige Kriterien. Dieser Anteil soll bis zum 10. März auf 87 Prozent, bis Ende 2022 auf 100 Prozent gestiegen sein. Dies bedeutet gleichwohl nicht, dass jeder Fonds zwangsläufig einen positiven Beitrag zu Nachhaltigkeitszielen leistet. Denn dabei handelt es sich womöglich um nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung klassifizierte Fonds. Während „Artikel 9“-Produkte sich definierte und quantifizierbare Ziele in Bezug auf ESG-Risiken setzen, haben „Artikel 8“-Produkte kein spezifisches ESG-Ziel, berücksichtigen aber ESG-Kriterien bei der Portfoliokonstruktion.
Besondere Herausforderungen sieht Schmitz in der Anwendung speziell bei kleineren Unternehmen und Start-Ups. Für diese könnte es schwierig sein, die entsprechenden Daten zu liefern. „Es besteht folglich die Gefahr, dass Impact-Investments, zum Beispiel auch Mikrofinanzierungen mit klar ökologischer oder sozialer Ausrichtung, die einen essenziellen Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft leisten können, bei der Vergabe von dringend benötigten Investments leer ausgehen“, so Schmitz. Denn Asset Manager haben ohne aussagekräftige Daten so keine Möglichkeit mehr, Unternehmen dieser Art in ihr Portfolio aufzunehmen und zeitgleich ein nachhaltiges Produkt zu bewerben.
Autoren: Tim BüttnerSchlagworte: Nachhaltigkeit/ESG-konformes Investieren | Politik/Regulierung
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