Klassenkampf

Ganz großes Kino lief in den vergangenen Tagen rund um die Aktien von Gamestop. Pfiffige Kleinaktionäre demonstrierten, wie sich mit Hedgefonds Geld verdienen lässt. Nämlich nicht, in dem man in Hedgefonds investiert, sondern indem man diese für eine Shortseller-Squeeze-out-Strategie nutzt. Was zunächst wie ein Schneeball-System anmutet, bei dem die letzten, unbedarftesten Käufer gebissen werden, schafft echten Absolute Return für die Kleinanleger, wenn die Shortseller panikartig ihre verliehenen Aktien zurückkaufen müssen. Umgesetzt werden kann die Strategie der Kleinanleger zudem nicht im 2+20-Gebührenmodell, sondern zu Aktien-Handels-Kosten.

Wenn aber im Kollektiv klassenkämpfende Kleinanleger im Kräftemessen mit dem Kapital-Establishment der Wall Street über dieses triumphieren, die Master of the Universe zu Master of Desaster machen, dann hat dies auch gesellschaftlich-historische Dimensionen. Vergleichbar ist der Sturm auf die Aktien des wirtschaftlich angeschlagen Videospielverkäufers, der diese innerhalb von drei Wochen von knapp 20 auf über 300 Dollar katapultierte, mit dem Sturm auf das Winterpalais 1917! Dieser war der Startschuss für die Oktoberrevolution, in der das Volk als Kollektiv das russische Establishment verjagte. Noch mehr Geschichtsunterricht gefällig? Der antike Klassenkämpfer gegen „die da oben“ war Spartacus, der mit seinem Flashmopp der Rechtlosen und Unterdrückten dem römischen Establishment einheizte.

Von dauerhaftem Erfolg waren die Aufstände jedoch nicht. In Russland etablierte sich eine neue Willkürherrschaft und für Spartacus und seine Mitstreiter realisierte sich das maximale Downside Risk. Und von den Gamestop-Kapriolen profitierte schlussendlich auch das große Kapital. Ein Viertel des Unternehmens gehörte nämlich Ende Januar – und jetzt kommt die Ironie von der Geschicht‘ – den Branchengrößen Blackrock und Fidelity.

Ein schönes Wochenende wünscht Ihnen Ihre Redaktion von portfolio institutionell – und bleiben Sie immer long!

• Fantastilliardär