23. Oktober 2020

Wir müssen weg von der Binarität

Soziale Aspekte innerhalb von ESG haben in den letzten Jahren ­stetig mehr Aufmerksamkeit erlangt. Der Anspruch einer messbaren,­ in Zahlen definierten Wirkung stellt jedoch viele Investierende vor Herausforderungen.

Gender Lens Investing, wo ­Menschen in der Regel nach binärem Geschlecht gezählt ­werden, schien eine bequeme Lösung zu bieten.
Geschlecht ist aber in Realität weitaus diverser als „Frau und Mann“. Das rein binäre Verständnis ist ausgrenzend und verkennt das Potential einer bereichernden Diversität. Geschlecht ist ein Spektrum; sexuelle Orientierung ist häufig fluide. Menschen haben den Anspruch und das Recht ihre sexuelle Orientierung, wie auch ihr Geschlechterverständnis nach eigenem Empfinden ­auszuleben und zu gestalten – entlang dem ganzen Kontinuum.
Es ist mittlerweile wissenschaftlich belegt, dass sich Diversität ­positiv auf die Leistungsfähigkeit von Wirtschaften und Firmen auswirkt. Diverse Teams übertreffen jene, die weniger oder keine Diversität haben. Investoren haben die Möglichkeit, die gesellschaftliche Realität in ihre eigene ­Organisation zu integrieren. Risiken zu erfassen und diese ganzheitlich ­einschätzen zu können, ist ein zentraler, erfolgskritischer Faktor. Bisherige Investitions-Analysemethoden sind hier oft unvollständig. Wenn, beispielsweise, Nicht-Diskriminierung von Homosexualität und Transsexualität zur rechtlichen Norm werden, sind ­diejenigen Firmen im Vorteil, die schon inklusiver arbeiten.
Eine Diversitätsstrategie kann hier die nötige Richtung vorgeben. An vielen Orten werden Daten fehlen. Aber vielleicht sollte gerade dies den nötigen Anstoss geben, die Analysen weiterzudenken. Prozessmetriken, die über das Zählen von Menschen hinausgehen, bieten eine Alternative, um die Analyse auf der ESG-Seite weiterzuentwickeln. Ob ein Unternehmen beispielsweise ein Diversitäts- und Inklusionsreglement hat, ist ein wertvoller Indikator und guter erster Schritt. Weitaus wichtiger ist aber, wie dieses Reglement ­gelebt und in der Kultur verankert ist: Wie viel Zeit investiert das Unternehmen, um Führungskräfte und Mitarbeiter auf diesem ­Gebiet zu schulen? Welche Prozesse bestehen, wenn das Reglement verletzt wird? Solche Fragen bieten einen viel tieferen ­Einblick in das Innenleben und damit die Risiken einer Firma.

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