Pandemie belastet Gewerbeimmobilien
Anfangsrenditen dürften steigen, Transaktionen sinken. Savills: Zehnjähriger Aufschwung beendet.
Die Covid-19-Pandemie hat den zehn Jahre währenden zyklischen Aufschwung am deutschen Immobilieninvestmentmarkt für Gewerbeimmobilien beendet. Dies konstatiert der Immobiliendienstleister Savills in einer aktuellen Analyse des deutschen Gewerbeinvestmentmarkts. Der Aufschwung endete mit dem höchsten Transaktionsvolumen, das je in einem ersten Quartal registriert wurde. Insgesamt wurden mehr als 18,4 Milliarden Euro investiert, was ein Plus von 72 Prozent gegenüber dem Vergleichsquartal 2019 darstellt. Der Umsatz im März lag mit 4,3 Milliarden Euro bereits niedriger als in den beiden ersten Monaten des Jahres und die Zahl der Transaktionen ging vor allem in der letzten Märzhälfte spürbar zurück.
„Für die kommenden Wochen und Monate rechnen wir mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Transaktionsaktivität“, so Marcus Lemli, CEO Germany und Head of Investment Europe bei Savills, und ergänzt: „Transaktionen, die bereits weit fortgeschritten waren, wurden und werden oft noch zu Ende geführt. Es werden jedoch derzeit kaum noch Verkaufsprozesse begonnen. Zwar gibt es durchaus Investoren, die auch im momentanen Umfeld weiter zukaufen wollen, aber auch diese Investoren sehen sich mit praktischen Hürden wie den geltenden Kontaktbeschränkungen konfrontiert. Viele andere Investoren haben ihre Ankaufspläne zunächst pausiert und wollen die nächsten Wochen zur Orientierung nutzen.“
Mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt lediglich sagen, dass das Transaktionsvolumen mindestens im 2. Quartal deutlich niedriger ausfallen wird. Zudem sei festzustellen, dass auch der Gesamtjahresumsatz trotz des umsatzstarken Jahresauftakts nicht an die Vorjahre wird anknüpfen können.
In allen Segmenten dürften Transaktionen sinken
Die Krise wird voraussichtlich bei allen Nutzungsarten zu rückläufigen Transaktionsvolumina führen, aber der Effekt dürfte unterschiedlich stark ausfallen. Savills erwartet, dass das Transaktionsvolumen bei Hotels am stärksten zurückgehen wird, gefolgt von Einzelhandels- und – mit etwas Abstand – Büroimmobilien. Die geringsten Auswirkungen erwarten die Researcher für Logistik- und Gesundheitsimmobilien.
Anfangsrenditen könnten steigen
Wie sich die Anfangsrenditen im Zuge dieses erwarteten Umsatzrückgangs entwickeln, bleibt für Savills abzuwarten. Im ersten Quartal zeigte sich diesbezüglich noch keine Bewegung, die Spitzenrenditen aller Segmente blieben unverändert. Allerdings bilde das eher den Stand „vor Covid-19“ ab, denn alle in den letzten Wochen abgeschlossenen Transaktionen wurden lange vor der Pandemie eingefädelt. Kurzfristig rechnet Savills mit steigenden Anfangsrenditen in praktisch allen Segmenten und Risikoklassen, unter anderem weil die Investoren angesichts der starken wirtschaftlichen Verwerfungen ihre Mietwachstumserwartungen nach unten korrigieren dürften. Außerdem ist für viele ausländische Investoren der Marktzugang derzeit abgeschnitten, sodass allein dadurch die Nachfrage zurückgehen wird.
„Die Erfahrung aus vergangenen Krisen zeigt: Stets sind die Anfangsrenditen über alle Nutzungsarten hinweg gestiegen, und zwar in den Non-Core-Segmenten stärker als im Core-Bereich. Vermutlich wird das auch dieses Mal so sein, auch wenn wir derzeit weder Ausmaß noch Dauer des Renditeanstiegs einschätzen können“, kommentiert Matthias Pink, Head of Research Germany bei Savills. Marcus Lemli ergänzt: „Alle Marktakteure navigieren jetzt und für die kommenden Wochen auf Sicht. Wir alle sind Zeuge eines historisch einschneidenden Ereignisses, dessen Ausgang offen ist. Das bringt Risiken und Chancen mit sich, zunächst aber vor allem Ungewissheit. In einem solchen Umfeld lassen sich langfristig wirksame Entscheidungen, die Immobilieninvestitionen nun mal sind, nur schwer treffen.“ Lemli weiter: „Im Vorteil sind jene Investoren, die über ein großes Liquiditätspolster verfügen, zumal Fremdkapital knapper werden wird. Sie befinden sich in einer guten Startposition, um die sich bietenden Gelegenheiten nutzen zu können.“
Wohnungen wohl stabiler
Als vorteilhaft dürften sich aber auch Investments in Wohnungen erweisen. Aus Sicht von Savills könnte die Stabilität der Mieten im Vergleich zu anderen Nutzungsarten langfristig zu steigender Investorennachfrage führen. Die Auswirkungen der Pandemie auf die Vermietungsmärkte hängen laut Savills-Researcher Matti Schenk vor allem von der Art und Dauer der Beeinträchtigungen der Wirtschaft ab. „Viele Mietinteressenten dürften angesichts der hohen Unsicherheit hinsichtlich Beschäftigung und Einkommensperspektiven den geplanten Umzug in eine neue Mietwohnung erst einmal verschieben, insbesondere wenn diese deutlich teurer wäre“, so Schenk. Ob die Covid-19-Pandemie zu langfristig sinkenden Mieten führt, erscheint indes fraglich. In den meisten Städten sind die Leerstandsquoten weiterhin extrem niedrig und zudem könnte der Neubau dieses Jahr deutlich schwächer als erwartet ausfallen.
„Insgesamt ist damit zu rechnen, dass die Wohnungsmärkte weniger stark betroffen sein werden als die meisten anderen Nutzungsarten“, glaubt Karsten Nemecek, Managing Director Corporate Finance – Valuation bei Savills Germany, und ergänzt: „Die vergleichsweise hohe Stabilität der Mieten könnte dazu führen, dass institutionelle Investoren nach oder sogar schon während der Krise den Wohnanteil in ihren Portfolios ausbauen möchten“. „Perspektivisch dürfte die Nachfrage am Investmentmarkt somit steigen, so dass sich insbesondere bei Bestandsportfolios die Bieterprozesse intensivieren könnten“, schlussfolgert Nemecek.
Autoren: Patrick EiseleSchlagworte: Büro | Gewerbeimmobilien
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