Gutachten zur bAV sind endlich da
Am Freitag sind die bAV-Gutachten des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) und Bundesfinanzministeriums (BMF) zur Weiterentwicklung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) endlich veröffentlicht worden. Eigentlich sollten die Materialien bereits seit März fertig sein, wurden aber unter Verschluss gehalten.
Das BMAS-Gutachten zum „Sozialpartnermodell Betriebsrente" wurde von dem Rechtswissenschaftler Professor Dr. Peter Hanau und Rechtsanwalt Dr. Marco Arteaga erstellt. Es bestätigt den Grundansatz des BMAS, dass von den Tarifparteien vereinbarte Versorgungslösungen die Komplexität in der bAV beenden und den betroffenen Unternehmen einfache und risikofreie Lösungen verschaffen können. Dies sei für die Stärkung der bAV laut Gutachten „überragend wichtig".
Damit bestätigte das Gutachten, was das BMAS von Beginn an wollte: eine bessere Ein- und Anbindung der Tarifvertragsparteien bei der Organisation und Durchführung der bAV, was zulasten der bisherigen Durchführungswege und Versorgungswerke ginge. Dazu wird im BMAS-Gutachten ab Seite 55 ausführlich die Ermöglichung der Konvertierung bestehender bAV auf das Sozialpartnermodell behandelt. Allerdings steht da kein Wort zum Vertrieb. Es geht vorwiegend um „Konvertierung von Leistungszusagen aller Art zu reinen Beitragszusagen“. So schlägt das BMAS-Gutachten vor, den bisherigen versicherungsförmig aufgebauten bAV-Anspruch „durch eine Beitragszusage des Arbeitgebers und eine davon getrennte Versorgungszusage des Trägers abzulösen“. Das wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet.
Die BMAS-Gutachter machen ein paar flankierende Vorschläge, wie das „Sozialpartnermodell" weiterentwickelt werden kann. Dazu gehört etwa die Einführung von „Opting-Out-Lösungen" auf tarifvertraglicher Grundlage, in die künftig auch nichttarifgebundene Beschäftigte einbezogen werden könnten.
Zur Zukunft der steuerlichen Förderung der bAV äußert sich das BMF-Gutachten „Optimierungsmöglichkeiten bei den Förderregelungen der bAV“, das ebenfalls am Freitag veröffentlicht wurde. Gutachter war Professor Dr. Dirk Kiesewetter mit seinem Team von der Universität Würzburg. Sie untersuchten, welche steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Hemmnisse der bAV-Verbreitung bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie bei Geringverdienern im Wege stehen. Unter anderem schlägt Kiesewetter die gezielte Förderung von Geringverdienern mittels eines sogenannten „bAV-Förderbetrags“ vor und rät an verschiedenen Stellen zur Vereinfachung und Flexibilisierung der bAV. Ferner verlangt das BMF-Gutachten in seinen Schlussfolgerungen, künftig die Zillmerung zu unterbinden, um eine bessere Portabilität der bAV-Ansprüche bei Jobwechsel zu erreichen.
Zudem empfiehlt Kiesewetter eine gesetzliche Zuschusspflicht des Arbeitgebers bei Entgeltumwandlung (nur bei Neuzusagen) sowie einen „bAV-Abzugsbetrag für kleine Unternehmen“ mit weniger als 20 Beschäftigten im Stile eines Investitionsabzugs (nach Paragraf 7g EStG). Beides sieht das BMF jedoch in einer ersten Stellungnahme kritisch. Die Ergebnisse und Vorschläge des Gutachtens gehen laut BMF in die weiteren Prüfungen und Arbeiten im Zusammenhang mit Anpassungen im Renten- und Alterssicherungssystem Deutschlands insgesamt ein.
Hinter den Kulissen dürfte das Gerangel um eine bAV-Reform weitergehen, denn beide Gutachten passen nicht so recht zusammen. Ein Ergebnis brachte das BMF-Gutachten: An der Arbeitgeberhaftung liegt es nicht, dass die bAV in KMU nicht vorankommt. Vielmehr verhindern Informationsdefizite auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite, dass in KMU mehr Betriebsrentenvereinbarungen zustande kommen. Das BMAS dagegen glaubt nach vor, dass die Haftung der Arbeitgeber das größte Hindernis für die Verbreitung der bAV unter KMU sei. Aus dieser Behauptung heraus wurde das „Sozialpartnermodell Betriebsrente“ geboren, dessen Kern die Enthaftung der Arbeitgeber darstellt.
Hier geht’s zum BMAS-GutachtenHier geht’s zum BMF-Gutachten
portfolio institutionell newsflash 18.04.2016/Detlef Pohl
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