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18. September 2013

KAGB birgt reichlich Geschäftspotenzial

Mit dem 22. Juli ist das Kapitel „Investmentgesetz“ geschlossen. Die Ära der gemeinsamen Regulierung für offene und geschlossene Fonds hat begonnen. Im Interview spricht Dr. Holger Sepp, Co-Head Deutschland und Mitglied der Geschäftsführung von Caceis, über das KAGB.

Welches Geschäftspotenzial ergibt sich aus AIFMD für Depotbanken?
Das zusätzliche Geschäftspotenzial für Depotbanken, die mittlerweile Verwahrstellen heißen, entsteht insbesondere im Bereich der geschlossenen Fonds. Diese benötigen zukünftig erstmals – wie dies bei offenen Fonds bereits seit jeher geübte Praxis ist – eine Verwahrstelle. Die geschlossenen Fondsanbieter in Deutschland haben in den vergangenen Jahren jeweils zwischen sieben und zehn Milliarden Euro an Gesamtinvestitionsvolumen pro Jahr generiert. Dieses Volumen sollte in den kommenden Jahren  nach rückläufigen Tendenzen in der jüngeren Vergangenheit eher wieder steigen. Ausschlaggebend hierfür sind eine zunehmende Nachfrage nach Real Assets bei institutionellen und privaten Kunden sowie die Klärung der neuen Regularien für Anbieter und Nachfrager durch das KAGB. Auch wenn am Markt allgemein eine starke Konsolidierung der Anbieter von geschlossenen Fonds von circa 350 Häusern auf circa 80 Häuser erwartet wird, sollte dies nichts an den Neugeschäftsvolumina der Branche ändern. Dies bedeutet, dass die Verwahrstellen in Zukunft von einem jährlichen Geschäftspotenzial von circa sieben bis zehn Milliarden Euro im Bereich der geschlossenen Fonds ausgehen können. Dazu kommt dann noch weiteres Potenzial durch die mögliche Übernahme zusätzlicher Dienstleistungsfunktionen für die künftigen Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG).
Welche Fragen sind noch offen bei der Umsetzung der AIFMD?
Das Kapitalanlagegesetzbuch hat die Regelungen der AIFM-Direktive vollumfänglich übernommen beziehungsweise umgesetzt. Allerdings gibt es hinsichtlich der praktischen Umsetzung der Vorschriften noch offene Punkte für die Kapitalverwaltungsgesellschaft, den alternativen Investmentfonds (AIF) und die Verwahrstelle – insbesondere im Bereich der geschlossenen AIF. Aus diesem Grund stehen die verschiedenen betroffenen Verbände im engen Kontakt mit der Bafin und klären gemeinsam die offenen Fragen. Vor kurzem wurden die Antworten der Bafin zum Thema Risikomischung oder Berechnung von Eigenkapital und Leverage veröffentlicht. So soll im Wesentlichen eine gleichmäßige Verteilung der Werte der Assets erfolgen. Bei beispielsweise drei Objekten sei eine Verteilung von 20/35/45 in Ordnung. In nur ein Objekt kann auch investiert werden, wenn innerhalb des Objektes eine ausreichende Diversifizierung des Risikos gesichert ist – etwa durch mehrere, unabhängige Mietparteien.
Ein offener Punkt ist derzeit noch die Berechnung der Fremdkapitalgrenze bei geschlossenen Publikums-AIF. Muss bei der Berechnung auf den Nettoinventarwert des geschlossenen Publikums-AIF oder auf den Wert des jeweiligen Vermögensgegenstandes abgestellt werden? Wünschenswert wäre die Bezugnahme auf den Vermögensgegenstand selbst, da sich sonst die zulässige Fremdkapitalgrenze bezogen auf das eigentliche Fondsvolumen drastisch reduzieren würde.
Wie sind die ersten Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit AIF und KVGen?
Auf Seiten von Caceis sind wir in Deutschland seit mehr als zwölf Monaten im intensiven Austausch mit den Anbietern geschlossener Fonds und haben dabei mit über 80 Häusern gesprochen. Hierbei hat sich insbesondere zu Beginn gezeigt, dass regulierte Verwahrstellen und Emissionshäuser eine stark voneinander abweichende Historie haben und dadurch bedingt eine „unterschiedliche Sprache“ sprechen. Bereits zwölf Häuser haben sich per Ende August 2013 für Caceis als Verwahrstelle entschieden. Diese Häuser sind derzeit in unterschiedlichen Stadien mit der Umsetzung des KAGB beschäftigt. In der konkreten Zusammenarbeit mit unseren neuen Kunden hat Caceis für einen Publikumsfonds bereits vor dem Inkrafttreten des KAGB die Mittelverwendungskontrolle übernommen, und mittlerweile sind wir auch für die Verwahrung des ersten Spezial-AIF live gegangen. Die laufenden Gespräche mit den AIF und künftigen KVGen sowie die aktuellen Implementierungserfahrungen führen natürlich zu einem zunehmend besseren gegenseitigen Verständnis für die jeweiligen Bedürfnisse und Prozesse.
Gibt es überhaupt geschlossene Fonds nach dem KAGB? Alle geschlossenen AIF haben doch noch, um die Altfallregelung zu nutzen, vor dem 22. Juli geclost oder Vorratsfonds aufgelegt?
Natürlich gibt es geschlossene Fonds nach dem KAGB. Derzeit nutzen noch viele Emissionshäuser die bestehenden Übergangsvorschriften des Kapitalanlagegesetzbuches, um Schritt für Schritt in die neue Regulierung hinwachsen zu können. Aber es werden auch schon neue geschlossene AIFs aufgelegt.
Wo befruchten sich die Ucits- und KAGB-Welt gegenseitig? Was könnte in Ucits VI aus dem KAGB übernommen werden?
Die bisherigen Regelungen des Investmentgesetzes zu den Ogaw-Fonds wurden weitgehend unverändert in das Kapitalanlagegesetzbuch übernommen, so dass sich für diese im Verhältnis zur Depotbank beziehungsweise Verwahrstelle wenig ändert – außer zum Beispiel der verschärften Haftung der Verwahrstelle auf der Lagerstellenseite. Auch die vom bisherigen Investmentgesetz geregelten Fonds, die keine Ogaw waren und sind, müssen ihre Prozesse mit der Verwahrstelle nicht grundlegend neu regeln, weil das KAGB die bisher etablierten Prüfverfahren grundsätzlich übernommen hat. Anders ist die Situation bei den AIF, die bisher nicht durch das InvG reguliert waren: Hier sind in der Tat viele neue Prozesse zwischen dem AIF und der Verwahrstelle zu implementieren. Es ist offensichtlich, dass in diesem Bereich für den deutschen Gesetzgeber der Zielzustand noch nicht erreicht ist. Denn auf europäischer Ebene ist noch kein Ende der Regulierung in Sicht. Da die Ogaw-VI-Richtlinie aber noch im Konsultationsstadium ist, ist es aus unserer Sicht zu früh, sich hier konkrete Gedanken zur Umsetzung zu machen.
Muss der Verwahrer nun für Buyout-, Immobilien- oder Windparks eine tägliche Preisberechnung beziehungsweise Bewertung vornehmen?
Bis auf Immobilien sind diese Asset-Klassen nur bei geschlossenen AIF zugelassen und dort findet keine tägliche Preisberechnung statt. Einmal jährlich werden die Vermögensgegenstände des Fonds und der Nettoinventarwert (NAV) von einem Bewerter berechnet. Die Verwahrstelle kontrolliert diese insoweit, als die Berechnungen mit dem KAGB, den Anlagebedingungen und dem Gesellschaftsvertrag des AIF übereinstimmen müssen.
Welche Auswirkungen hat das KAGB auf das magische Investmentdreieck, also auf Rendite, Liquidität und Sicherheit, aus Sicht des Endinvestors? Wie stark drücken die Zusatzkosten auf die Rendite? Und wer kommt für Zusatzkosten auf?
 
Die Verwahrstellengebühr ist vom Fondsvolumen abhängig, nur ein kleiner Teil dieses Beitrags (i.d.R. die Fondskosten) ersetzt die Mittelverwendungskontrolle, soweit diese bisher vorhanden war. Im Fall einer Kapitalverwaltungsgesellschaft werden die Kosten unterschiedlich gehandhabt. Letztlich werden sie – zumindest teilweise – an den AIF und damit an die Investoren weitergegeben. Insgesamt hat das Kapitalanlagegesetzbuch zur weiteren Professionalisierung der Branche beigetragen und sorgt für ein einheitliches Level-Playing-Field für offene und geschlossene Fonds. Die Verwahrstelle ersetzt allerdings nicht die Qualität des Asset- oder Risikomanagers. Dies bleibt die Aufgabe des Asset Managers beziehungsweise der KVG.
Wie lässt es sich eigentlich ohne Steueranpassungsgesetz arbeiten?
Es steht fest: Das Steueranpassungsgesetz wird nicht vor den Bundestagswahlen verabschiedet. Deshalb haben die deutschen Steuerbehörden noch vor dem 22. Juli die Branche informiert, dass die derzeitigen Regelungen zunächst verbindlich sind. Bei deutschen Fonds, ausländischen Ucits-Fonds und ausländischen nicht-Ucits-Fonds, die vor dem 22. Juli 2013 aufgesetzt wurden, gelten noch die bisherigen Fonds-Steuerreporting-Regelungen. Das Investmentgesetz ist ebenfalls die verbindliche Regulierung im Fall von ausländischen Investmentfonds, die nicht unter die Ucits-Richtlinie fallen und nach dem 21. Juli lanciert wurden. Höchstwahrscheinlich wird der Gesetzgeber das Thema nach der Wahl erneut aufgreifen und in Verhandlungen gehen.
portfolio institutionell newsflash 18.09.2013/Patrick Eisele

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